Unwetter in den USA:Hurrikan "Ida" trifft auf Land, Zehntausende Haushalte ohne Strom

Lesezeit: 3 min

Im French Quarter in New Orleans riss der Hurrikan ein Dach herunter. (Foto: Eric Gay/AP)

Auf den Tag genau 16 Jahre nach dem verheerenden Sturm "Katrina" hat "Ida" die US-Golfküste erreicht. Das Ausmaß der Schäden ist noch unklar - weil die Lage für einen Einsatz von Helfern zu gefährlich ist.

Der als "extrem gefährlich" einestufte Hurrikan Ida ist am Sonntagmittag (Ortszeit) im US-Bundesstaat Louisiana auf Land getroffen, bereits eine Stunde später meldete die Einsatzzentrale der Großstadt New Orleans "weit verbreitete Stromausfälle". Die interaktive Karte des örtlichen Energieversorgers Entergy zeigte etwa 170 000 Haushalte ohne Elektrizität. Der Webseite Poweroutage.us zufolge waren im ganzen Bundesstaat 233 000 Kunden ohne Strom.

Das Zentrum des Sturms sei mit der Stärke vier von fünf aus dem Golf von Mexiko kommend südwestlich von New Orleans bei Port Fourchon auf die Küste getroffen, teilte das Nationale Hurrikanzentrum (NHC) mit. Der Wirbelsturm habe beim Erreichen der Küste maximale Windgeschwindigkeiten von etwa 240 Kilometern pro Stunde mit sich gebracht. Der Staat und die Stadt New Orleans müssten mit heftigem Regen, einer "lebensgefährlichen Sturmflut", katastrophalen Windböen und lang anhaltenden Stromausfällen rechnen. Aus New Orleans wurden am Nachmittag "anhaltende Windböen" mit einer Geschwindigkeit von mehr als 110 Kilometern pro Stunde gemeldet. "Wir sind immer noch nicht am Höhepunkt und die Windgeschwindigkeiten steigen weiter", warnte das Lagezentrum der Stadt am Sonntagnachmittag über Twitter.

Wie groß die Schäden sind und ob es Todesopfer gibt, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Rettungskräfte können nach Aussage von Louisianas Gouverneur John Bel Edwards erst von Montagmorgen an in die am schlimmsten von Sturmfluten betroffenen Gebiete vordringen. So lange Ida noch über den küstennahen Gebieten tobe, sei es für die Helfer zu gefährlich. Zunächst werde die Region wohl nur mit Hubschraubern erreichbar sein. Die meisten der Bewohner dort düften sich aber rechtzeitig in Sicherheit gebracht haben, sagte er.

Die Interstate 10 in der Nähe von Slidell, Laos, war am Wochenende voll mit Menschen, die nach Osten fuhren, während sich der Hurrikan näherte. (Foto: Scott Threlkeld/dpa)

In den beiden Tagen vor Eintreffen des Sturms hatten die Verantwortlichen eindringlich an die Anwohner der US-Golfküste appelliert, sich in Sicherheit zu bringen. Gouverneur Edwards aktivierte die Nationalgarde mit 5000 Soldaten. Die Katastrophenschutzbehörde flog Helfer und Vorräte in die Region, die Küstenwache stationierte zahlreiche Hubschrauber und Boote für den bevorstehenden Rettungseinsatz. Alle Flüge nach New Orleans wurden am Sonntag gestrichen. Auf den Autobahnen bildeten sich kilometerlange Staus, einige Tankstellen konnten keinen Treibstoff mehr anbieten.

Exakt 16 Jahre nach "Katrina"

Ida traf auf den Tag genau 16 Jahre nach der Ankunft des verheerenden Hurrikans Katrina auf Land. Katrina hatte in und um New Orleans katastrophale Schäden und Überschwemmungen verursacht, etwa 1800 Menschen kamen ums Leben. Seither wurden in der Region allerdings Milliarden in den Hochwasserschutz investiert. New Orleans ist daher inzwischen besser vor Überschwemmungen geschützt, ein Wirbelsturm wie Ida bringt aber für gewöhnlich auch extrem zerstörerischen Windböen mit.

Die prognostizierten starken Winde, der massive Regenfall und die Sturmflut in Louisiana seien alle schon für sich allein betrachtet "lebensgefährlich", sagte der NHC-Direktor Ken Graham am Sonntag vor dem Eintreffen des Sturms dem TV-Sender CNN. Der Blick auf die Radarbilder zeige, wie "katastrophal das wird".

Das örtliche Lagezentrum meldete aus New Orleans Windgeschwindigkeiten von 110 Kilometern pro Stunde - Tendenz steigend. (Foto: Scott Olson/AFP)

Wegen des schnell herannahenden Sturms habe es keine Zeit mehr gegeben, eine Pflicht-Evakuierung der ganzen Stadt anzuordnen, sagte die Bürgermeisterin von New Orleans, LaToya Cantrell. Sie ordnete daher nur die Evakuierung besonders gefährdeter Gebiete an, die außerhalb der Dämme liegen. New Orleans ist fast gänzlich von Wasser umgeben - im Norden liegt Lake Pontchartrain, im Osten Lake Borgne, im Süden gibt es die Feuchtgebiete entlang der Mississipi-Mündung. Das NHC warnte vor einer "lebensgefährlichen" Sturmflut von fast fünf Metern Höhe. Am Lake Borgne sei mit fast vier Metern zu rechnen, am Lake Pontchartrain mit gut zwei Metern. Auch für Teile der Nachbarstaaten Mississippi und Alabama galten wegen des Hurrikans Flut- und Tornadowarnungen. In mehreren Bezirken wurden Ausgangssperren verhängt.

Die Krankenhäuser sind zu voll für eine Evakuierung

Gouverneur Edwards erklärte, küstennahe Krankenhäuser könnten trotz des Hurrikans nicht evakuiert werden, weil es zu viele Corona-Patienten gebe. Derzeit würden in dem 4,6-Millionen-Einwohner-Staat 2450 Patienten wegen Covid-19 stationär behandelt. Es gebe in Louisiana und den angrenzenden Bundesstaaten keine Kapazitäten mehr, um zusätzliche Patienten aufzunehmen. Für die Einrichtungen seien trotz Generatoren lang anhaltende Stromausfälle eine große Gefahr.

Ida wird sich vermutlich erst über Land abschwächen und am Montag nordöstlich nach Mississippi und Tennessee weiterziehen.

© SZ/dpa/rtr/cku - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusRohstoffe der Zukunft
:Der grüne Wasserstoff und sein großes Problem

Er gilt als Energieträger der Zukunft für Lkws, Schiffe und ganze Industrien. Doch der grüne Wasserstoff hat einen Haken - und der ist entscheidend.

Von Thomas Fromm

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: