Am frühen Morgen erschüttert eine Detonation das Parkhaus des "El centro"-College in Dallas. Es ist das spektakuläre Ende eines Nervendramas. Stundenlang hat sich ein Mann in dem Gebäude verschanzt. Zuvor hat er in Dallas fünf Polizisten getötet und sechs weitere schwer verletzt. Jetzt ist er tot, getötet allerdings nicht von den Polizisten, die das Gebäude seit Stunden belagern. Sondern von einem Roboter.
Nach der Schilderung des Polizeichefs David Brown wurde ein ferngesteuertes Gefährt mit einem Sprengsatz versehen und gezielt zum Aufenthaltsort des Schützen in dem Parkhaus gelotst. Dort kam es dann zur Explosion.
Es ist ein höchst ungewöhnliches Vorgehen. Rollende Roboter kommen bislang oft im sogenannten Kampfmittelräumdienst zum Einsatz, also etwa um Bomben zu entschärfen oder gefährliche Stellen auszukundschaften. Dann fahren die kleinen Maschinen los, ausgestattet mit Kamera-Augen und Greifarmen. Die Polizeibeamten sitzen in sicherer Ferne und steuern. In Deutschland ist dies genauso Praxis wie in den USA - aber nie geht es um das Ausüben von Gewalt. Der Vorteil ist, dass Risiken für Menschen minimiert werden.
Tötung eines Angreifers ist erlaubt
Dass nun mit demselben Mittel Gewalt gegen Menschen ausgeübt wird, ist eine Entwicklung, die vor allem aus dem Militär bekannt ist. Ferngesteuerte Flugzeuge - sogenannte Drohnen -, fahrerlose Kampfboote oder auch rollende ferngesteuerte Gefährte finden dort zunehmend Verbreitung. Die US-Streitkräfte stehen mit an der Spitze dieser Entwicklung.
Die Tötung eines Angreifers ist nach amerikanischem Polizeirecht erlaubt, wenn dies die einzige Möglichkeit darstellt, dessen rechtswidrige Attacken auf das Leben anderer Menschen zu stoppen. Darin unterscheidet sich das US-Recht nicht vom deutschen. Der sogenannte "finale Rettungsschuss" ist auch in fast allen Bundesländern im Polizeirecht geregelt.
In Dallas stellte sich die Lage laut Polizeichef David Brown so dar, dass ein solcher "Rettungsschuss" erlaubt gewesen wäre: Die Beamten hätten einsehen müssen, dass weitere Verhandlungen zu nichts führen würden, als plötzlich wieder Schüsse fielen. Der Schütze feuerte aus der Parkgarage heraus auf Polizisten, die das Gebäude umstellt hatten. Daraufhin habe man entschieden, den Roboter mit der Sprengladung zu versehen. "Wir sahen keine andere Möglichkeit", sagte Brown. "Jede andere Option hätte bedeutet, unsere Beamten einer enormen Gefahr auszusetzen."
Nachdem sich der Schütze im Parkhaus verschanzt hatte, hatte die Polizei noch versucht, mit ihm zu reden. Bei den Verhandlungen, die um 23.45 Uhr Ortszeit begannen, sagte der Schütze, das Ende sei nah. Er drohte, weitere Polizisten zu verletzen oder gar zu töten. Gleichzeitig behauptete er, dass sich auf dem Gelände Bomben befänden. Experten suchten gleich zwei Mal nach möglichen Sprengsätzen, fanden aber nichts.
Roboter ohne Bewaffnung sind üblich
Was für ein Typ Roboter nun in Dallas zum Einsatz gekommen ist, das hat die US-Polizei nicht bekanntgegeben. Die Technik könnte recht schlicht gewesen sein. Es dürfte nicht eines jener Kampfgefährte gewesen sein, welche im US-Militär verwendet werden. Zuletzt hat etwa der israelische Rüstungshersteller General Robotics einen taktischen Kampfroboter vorgestellt, der nur 12 Kilo wiegt. Er kann im Rucksack transportiert werden, fährt auf zwei Fahrketten, kann auch Treppen steigen, und ist mit einer 9 mm Glock-Pistole ausgestattet.
In vielen Städten der USA besitzt die Polizei einfachere, ferngesteuerte Roboter ohne Bewaffnung. In Ithaca im Bundesstaat New York haben kürzlich Bürger gegen die Anschaffung eines 41.000 Dollar teuren ferngesteuerten Polizeiroboters protestiert, der es den Polizisten ermöglicht, über einen Lautsprecher Botschaften auszusenden, Türen zu öffnen und Gegenstände bis 10 Kilo zu bewegen. Bereits dies sei eine Technik "wie für Kriegsgebiete", kritisierte eine Bürgerinitiative.
Über echte Kampfroboter verfügt die US-Polizei nicht. Der Fall Dallas zeigt aber: Es ist ein Leichtes, mit so einem Räum-Roboter auch einen ferngesteuerten Sprengsatz zu transportieren.