Niederösterreich:Hundebox-Prozess: 20 Jahre Haft für Mutter des zwölfjährigen Opfers

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Um ihn gefügig zu machen, verbannte die Mutter den Sohn laut Anklage wegen Bettnässens über Stunden in eine kleine Hundebox. (Foto: Christopher Eckl/dpa)

Die heute 33-Jährige soll ihren Sohn über Monate hinweg gequält und sogar in eine Hundebox gesperrt haben. Eine ehemalige Freundin wird wegen Beihilfe belangt. Beide müssen dem Kind zudem insgesamt 80 000 Euro bezahlen.

Im österreichischen Prozess um versuchten Mord an einem Kind sind dessen Mutter und ihre Komplizin vom Landgericht Krems zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Die 33-jährige Mutter wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, die zweite Angeklagte zu 14 Jahren Gefängnis. In beiden Fällen wurde zudem die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die acht Geschworenen hatten sich vor dem Rechtsspruch etwa sieben Stunden lang beraten. Verurteilt wurde die Mutter wegen versuchten Mordes, Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen sowie wegen Freiheitsentziehung. Ihre ehemalige Freundin, die Aufträge zu den Misshandlungen des damals zwölf Jahre alten Jungen gegeben haben soll, wurde wegen fortgesetzter Gewaltausübung als Anstifterin und wegen Beihilfe belangt. Die Höhe der Strafen folge daraus, dass die Beschuldigten mit ihren Handlungen ein Leben fast zerstört hätten, sagte die Richterin. Auf psychischer Ebene sei der Junge auf jeden Fall zur Gänze zerstört worden. Die beiden Frauen müssen dem Kind zudem gemeinsam insgesamt 80 000 Euro bezahlen. Dass die Qualen des Kindes überhaupt ein Ende nahmen, ist auch dem Einschreiten einer Sozialarbeiterin zu verdanken.

Der Alleinerziehenden wird vorgeworfen, ihren Sohn über Monate gequält zu haben

Der 33-jährigen Alleinerziehenden wurde vorgeworfen, ihren Sohn über Monate so gequält zu haben, dass der damals Zwölfjährige fast gestorben wäre: durch Nahrungsentzug, Fesseln, Schlagen und Knebeln, durch Übergießen mit kaltem Wasser und dem zeitweisen Einsperren in eine kleine Hundebox. Als Motiv gab die Angeklagte vor Gericht an, dass sie ihren angeblich aggressiven und aufsässigen Sohn zu einem braven Kind erziehen wollte. Sie bestritt aber die Mordabsicht. Das stark abgemagerte Kind habe um Essen gebettelt, doch die eigene Mutter habe sich völlig ungerührt gezeigt, hatte die Staatsanwältin zum Prozessauftakt gesagt.

Verteidigerin Astrid Wagner hatte die Angeklagte in ihrem Eingangs-Statement als intellektuell sehr schlichte, mit der Erziehung völlig überforderte und leicht manipulierbare Person beschrieben. Die "Horror-Mutter", als die sie Medien tituliert hätten, sei sie nicht. Eine wesentliche Schuld treffe die heute 40 Jahre alte Mitangeklagte, die mit ihren sadistischen Anweisungen den Leidensweg des Kindes mitbestimmt habe, sagte Wagner. Beide Frauen waren eng befreundet und sprachen häufig über die Erziehungsprobleme, die die Hauptangeklagte mit ihrem Sohn hatte. Die 40-Jährige ihrerseits hat vier Kinder im Alter von zwei bis 18 Jahren.

Unter den psychischen Folgen wird das Kind wohl noch lange leiden

Laut Anklage wurde das Kind mit kaltem Wasser übergossen, dann wurden die Fenster aufgerissen und es musste bibbernd mit nasser Kleidung und nassen Haaren bei nur wenigen Grad ausharren. Um ihn gefügig zu machen, habe die Mutter den Sohn wegen Bettnässens zunächst auf ein Hundekissen verbannt und später über Stunden auch in eine kleine Hundebox gesperrt. "Er hat immer wieder gedroht, dass er vom Fenster springt, wenn ich rausgehe", rechtfertigte sich die Angeklagte. Der Verteidiger der Mitangeklagten sagte, seine Mandantin habe zwar viele Fehler gemacht, vom Ausmaß der Misshandlungen aber nichts gewusst. Sie sei es gewesen, die schließlich eine Sozialarbeiterin alarmiert habe.

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Laut Anklage wurde das Kind nur durch das Eingreifen der Sozialarbeiterin gerettet. Zu diesem Zeitpunkt sei der 1,65 Meter große Sohn auf 40 Kilogramm abgemagert gewesen, sagte die Staatsanwältin. Er habe sich bei einer Körpertemperatur von nur noch knapp 27 Grad in einem lebensbedrohlichen, komatösen Zustand befunden. Der Zwölfjährige wurde auf der Intensivstation behandelt und erholte sich körperlich. "Psychisch werden ihn die Folgen aber noch jahrelang begleiten", sagte der Opferanwalt.

© SZ/dpa/berj/jala/kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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