Sturmtief:„Zoltan“ bringt Wassermassen, Bahnchaos und Fotomotive

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Das Peter-Fechter-Ufer wird vom Hochwasser der Ihme überschwemmt. (Foto: Ole Spata/dpa)

Das Sturmtief „Zoltan“ fegt über den Norden, lässt Bäume umstürzen und drückt viel Wasser ans Land. In Hamburg wird eine Schnapszahl zum Höchststand. Und das wilde Wetter bringt beste Foto-Motive.

Von Christiane Bosch, Rabea Gruber und Martin Fischer, dpa

Hamburg (dpa/lno) - Das Sturmtief „Zoltan“ ist weitgehend abgezogen, nachdem es im Norden Deutschlands am Freitagvormittag auf den Straßen und Schienen für viel Unordnung gesorgt hat. Vor allem Bahnreisende mussten deshalb viel Geduld mitbringen, einige Fähren im Norden fuhren nicht und die U-Bahnen in Hamburg waren langsamer unterwegs. Drei Menschen wurden auf den Straßen in Schleswig-Holstein in ihren Autos verletzt. Die Sturmflut erreichte in Hamburg noch vor dem Mittag ihren Höchststand - 3,33 Meter wurden am Ende am Pegel St. Pauli gemessen. Fischmarkt, Elbpromenade und Hafencity waren deshalb teils hüfthoch überflutet.

Doch schon wenige Stunden nach dem Erreichen des Scheitelpunktes konnte die Polizei Hamburg Entwarnung geben. Die Innenbehörde zeigte sich nach der schweren Sturmflut zufrieden: „Wir waren sehr gut vorbereitet und haben die Lage sehr gut gemeistert“, sagte ein Sprecher dazu. Wegen des Hochwassers und des Sturms waren allein in Hamburg mehrere Hundert Männer und Frauen von Polizei und Feuerwehr im Einsatz.

Die Hamburger Feuerwehr sprach am Abend von 200 sturm- und wasserbedingten Einsätzen ohne Verletzte. Hier galt es vor allem, umgestürzte Bäume und herabgestürzte Äste von den Fahrbahnen zu räumen und losgelöste Ziegelsteine oder Baugerüstplanen wieder einzusammeln. Zudem war am Morgen eine Verankerung der Alstertannen-Plattform auf der Binnenalster am Jungfernstieg gerissen. In Hamburg-Langenhorn ist ein Baum auf ein Haus gekracht. Dabei sei niemand verletzt worden. Beim Betreten der Wälder und Parks sollten Menschen nach Empfehlung der Umweltbehörde auch in den kommenden Tagen noch vorsichtig sein.

Auch in Schleswig-Holstein hatten Polizei und Feuerwehr alle Hände voll zu tun. Sie wurden zu mehr als 670 Einsätzen wegen des Sturmtiefs gerufen. Es gab drei Verletzte: Im Kreis Schleswig-Flensburg wurde ein Mensch in Fahrdorf schwer verletzt, weil er mit seinem Auto gegen einen auf der Straße liegenden Baum fuhr. Auf der B200 in Janneby kippte ein Lastwagen auf die Seite und schleuderte in einen Graben - der Fahrer wurde leicht verletzt. In Husum stürzte ein Baum auf ein fahrendes Auto und verletzte die Fahrerin leicht.

Enorme Auswirkungen des Sturms zeigten sich im Zugverkehr. Viele Reisende kamen nicht vom Fleck, an den Anzeigetafeln in den Bahnhöfen wurden unzählige Zugausfälle aufgelistet. Der Fern- und Nahverkehr war bundesweit beeinträchtigt - der Schwerpunkt lag dabei jedoch im Norden.

Von hier aus fuhren am Vormittag zunächst keine Schnellzüge in Städte wie Hannover, Kassel, Frankfurt, Stuttgart, Basel und München. Am Nachmittag entspannte sich die Lage ein wenig, Sperrungen konnten weitgehend aufgehoben werden, es gab weiter viele Verspätungen. Für das Wochenende rechnete die Bahn mit einer starken Auslastung. Gebuchte Tickets können jedoch für andere Strecken mit gleichem Ziel genutzt werden.

Die U-Bahnen in Hamburg waren wegen des Sturms bis zum frühen Nachmittag nur halb so schnell unterwegs. Der Verkehr lief Hochbahn-Angaben zufolge dabei weitgehend stabil, es kam vereinzelt zu Verspätungen oder kurzzeitigen Streckensperrungen wegen herabstürzenden Bäumen. Im Elbbereich führen Busse wegen des Hochwassers eingeschränkt.

Doch nicht nur zu Land, auch auf dem Wasser wirbelte „Zoltan“ die Pläne durcheinander. Einige Beispiele: Auf der Linie Föhr-Amrum gab es einen Sonderfahrplan, die Hallig-Linie wurde am Freitag wegen des Sturms ganz eingestellt. Zwischen Pellworm und Nordstrand fielen Fähren am Morgen aus und der Fahrplan der Fähre zwischen dem dänischen Rømø und der Nordseeinsel Sylt wurde angepasst.

An der Küste war das Wasser am kräftigsten am Eider-Sperrwerk bei Tönning gestiegen. Dort wurde ein Pegelstand von 2,51 Metern über dem mittleren Hochwasser (MHW) gemessen, das gilt als schwere Sturmflut. Im Küstengebiet blieb es auch am Freitag stürmisch. Nach einer kurzen Beruhigung im Tagesverlauf wurden für den Abend dort laut Deutschem Wetterdienst aber wieder schwere Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten von rund 100 Stundenkilometern erwartet.

In Hamburg soll auf die ersten beiden schweren Sturmflut des Jahres nun ein leicht erhöhtes Hochwasser folgen. „Sturmflutniveau erreichen wir - so wie es derzeit aussieht - eher nicht“, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).

Aufgrund der Vorhersage für eine schwere Sturmflut hatte die Hamburger Innenbehörde einen zentralen Katastrophenstab eingerichtet. Am Morgen wurde mit Sirenen entlang der Elbe sowie Nachrichten über die Warn-Apps und in den sozialen Medien vor der Sturmflut gewarnt.

Für Schaulustige gab es entlang des Elbufers in Hamburg auf jeden Fall viel zu beobachten - bei durchaus auch sonnigen Momenten. Denn „Zoltan“ hatte im Norden eine wilde Wettermischung aus Sturm, blauem Himmel mit Sonnenschein, Graupelschauern und Dauerregen zu bieten.

Hunderte Hamburger und Touristen haben die schwere Sturmflut an der Elbe zu einem vorweihnachtlichen Ausflug an den Fischmarkt genutzt. Entlang der Promenade unterhalb der St. Pauli Hafentreppe beobachteten sie, wie noch letzte Autos von den bereits überspülten Parkflächen an der Uferkante gefahren oder geschleppt wurden.

Die Fischauktionshalle war vollständig von den Fluten umspült. In der Großen Elbstraße dahinter, die vor dem großen Fluttor am Fischmarkt liegt, ragten die Bushaltestellenschilder nur noch zur Hälfte aus dem Wasser. Die Elbe reichte bis an die Fassaden der Häuser am Fischmarkt mit ihren zahlreichen Läden und Restaurants.

Es sei zwar nicht unbedingt schön, sich die Überflutungen anzuschauen, „aber sehr beeindruckend“, sagte die 70-jährige Gudrun Wetzel, die mit ihren beiden Enkelkindern an die Promenade am Fischmarkt gekommen war. Besorgt sei sie aber nicht. „Das Fluttor ist ja dicht. Und außerdem verfügt Hamburg über die nötige Infrastruktur und ist auf solche Situationen gut vorbereitet.“

Vor den beiden schweren Sturmfluten von Donnerstag und Freitag hatte die Elbe zuletzt im Januar und Februar 2022 die Marken für schwere Sturmfluten geknackt, wie es vom BSH hieß. Im Februar 2022 kam es wegen des Sturmtiefs „Zeynep“ sogar zu einer sehr schweren Sturmflut im tidebeeinflussten Bereich der Elbe. Damals wurden Wasserstände von 3,75 Metern über dem mittleren Hochwasser gemessen.

© dpa-infocom, dpa:231222-99-383383/7

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