Terrorismus:Die Anschläge in Brüssel: Was wir wissen - und was nicht

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Abgesperrte Metro-Station. Foto: Olivier Hoslet (Foto: dpa)

Brüssel (dpa) - Bei der Terrorserie in Brüssel sind am Dienstag mindestens 34 Menschen getötet worden. Etwa 230 wurden verletzt. Die Terrororganisation Islamischer Staat bekennt sich zu den Bluttaten. Was wissen wir? Was nicht?

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Brüssel (dpa) - Bei der Terrorserie in Brüssel sind am Dienstag mindestens 34 Menschen getötet worden. Etwa 230 wurden verletzt. Die Terrororganisation Islamischer Staat bekennt sich zu den Bluttaten. Was wissen wir? Was nicht?

WAS GENAU IST PASSIERT?

Die Terrorserie beginnt kurz nach 08.00 Uhr auf dem Flughafen, eine halbe Autostunde von der Innenstadt entfernt. In der Abflughalle gibt es in kurzer Folge zwei schwere Explosionen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass zwei von drei Verdächtigen auf einem Foto vom Flughafen Zaventem als Selbstmordattentäter gestorben sind. Der dritte Mann ist zur Fahndung ausgeschrieben. Bilanz: mindestens 14 Tote am Flughafen, etwa 100 Verletzte. Punkt 09.11 Uhr dann noch ein Anschlag, dieses Mal in der Metro-Station Maelbeek, mitten im EU-Viertel. In einer U-Bahn, die gerade steht, explodiert ein Wagen - vermutlich eine Bombe. Bilanz hier: mindestens 20 Tote und etwa 130 Verletzte. Stundenlang gibt es dann immer wieder Gerüchte über neue Anschläge - alles Fehlanzeige, zum Glück.

WIE REAGIEREN DIE BELGISCHEN BEHÖRDEN?

Für Belgien gilt nun wieder die höchste Terrorwarnstufe - wie zuletzt im November 2015, nach den Anschlägen von Paris. Der Flughafen wird sofort geräumt. Mehr als 1000 Flüge müssen umgeleitet werden. Alle U-Bahnen, Straßenbahnen, Busse stehen still. Erst nach acht Stunden fahren die ersten Züge wieder. Der Schutz für die Zentralen von EU und Nato wird nochmals verschärft. Im Atomkraftwerk Tihange werden alle, die nicht unbedingt gebraucht werden, nach Hause geschickt. Belgiens Krisenzentrum empfiehlt: „Bleiben Sie, wo sie gerade sind!“ Erst um 16.30 Uhr heißt es dann, man könne wieder auf die Straße gehen. Das Rote Kreuz bittet um Blutspenden für die Verletzten.

WER STECKT HINTER DEN ANSCHLÄGEN?

Erst am Freitag war in Brüssel ein mutmaßlicher Drahtzieher der Paris-Anschläge festgenommen worden, Salah Abdeslam. Seither rechneten Experten mit neuen Aktionen aus seinem Umfeld. Wenige Stunden nach den Bluttaten bekennt sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu den Anschlägen. Mehrere „Soldaten des Kalifats“ hätten mit Sprengstoffgürteln und Sprengkörpern den „Kreuzfahrerstaat Belgien“ angegriffen, heißt es in einer Stellungnahme der Extremisten im Internet. Möglicherweise wurden die offensichtlich genau geplanten Attentate nach der Festnahme Abdeslams vorgezogen.

WIE IST DER STAND DER FAHNDUNG?

Die Polizei veröffentlicht ein Foto, das drei Männer zeigt, die am Flughafen von einer Überwachungskamera erfasst worden sind. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass zwei von ihnen als Selbstmordattentäter gestorben sind. Den dritten Mann schreibt die Polizei zur Fahndung aus und veröffentlicht auf Twitter ein Foto von ihm. Im Gebäude des Brüsseler Flughafens wird nach einem Bericht des belgischen Senders RTBF eine dritte Bombe gefunden und entschärft. Zwei Sprengsätze waren detoniert, mindestens 14 Menschen wurden getötet. Bei Hausdurchsuchungen in Brüssel finden Fahnder eine IS-Flagge, einen Sprengsatz mit Nägeln und chemische Substanzen.

WIE GROSS IST DIE GEFAHR FÜR DEUTSCHLAND?

Die Sorge vor einem Anschlag auf deutschem Boden ist anhaltend hoch - aber das ist schon seit Monaten so. Die Kontrollen an den Grenzen zu den Benelux-Staaten und Frankreich werden nochmals verschärft. Auch an den großen Flughäfen und Bahnhöfen werden die Sicherheitsmaßnahmen wieder in die Höhe gefahren. Nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière gibt es aber keine Hinweise auf einen „Deutschland-Bezug“. Trotzdem setzt Kanzlerin Angela Merkel das Thema Terror für diesen Mittwoch auf die Tagesordnung des Kabinetts.

SIND DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN?

Nach den jüngsten Anschlägen ist die Sorge groß, dass auch Bundesbürger betroffen sind - gerade in einer Stadt wie Brüssel, wo auch viele Deutsche leben. Tatsächlich: Eine Deutsche wird leicht verletzt. Aber auf deutsche Todesopfer gibt es zunächst aber keine Hinweise. Botschafter Rüdiger Lüdeking schreibt in einer E-Mail an seine Landsleute: „Ich bitte Sie darum, in der gegenwärtigen Situation Ruhe zu bewahren und nach Möglichkeit Ihren aktuellen Aufenthaltsort (Büro, Zuhause) nicht zu verlassen.“

WARUM IMMER WIEDER BRÜSSEL?

Belgien gilt als eines der am stärksten durch Terrorismus gefährdeten Länder in Europa. Hintergrund ist die im Verhältnis zur Bevölkerungsgröße hohe Zahl von Menschen, die als Dschihadisten in das Bürgerkriegsland Syrien gezogen sind. Nach Schätzungen von Sicherheitsbehörden stammen rund 500 Kämpfer in dem Krisengebiet aus Belgien (Stand: Ende Oktober). Vor allem der Stadtteil Molenbeek hat einen schlechten Ruf. Von dort kamen außer Abdelslam auch andere Islamisten, die an Terroranschlägen beteiligt waren. In Belgiens Hauptstadt lebt man deshalb seit einer Weile mit besonderer Vorsicht. Bereits eine Woche nach den Anschlägen in Paris hatte es konkrete Gefahrenhinweise gegeben. Das öffentliche Leben kam damals für fünf Tage praktisch zum Erliegen, ohne dass etwas geschah.

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