Studie in 42 Staaten:Deutsche Katholiken hadern am stärksten mit ihrer Kirche

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  • Eine nicht repräsentative Umfrage zeigt große Unterschiede zwischen den Katholiken verschiedener Länder, was die Übereinstimmung mit den offiziellen Positionen des Vatikans angeht.
  • So sprechen sich 70 Prozent der Befragten in Deutschland für eine Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare durch die Kirche aus, in Polen sind 80 Prozent dagegen.
  • Einig sind sich die Gläubigen in dem Wunsch, wiederverheiratete Geschiedene nicht mehr von der Kommunion auszuschließen.

Von Anne Kostrzewa, Berlin

Deutsche Katholiken können sich mit den konservativen Positionen ihrer Kirche vergleichsweise wenig identifizieren. Hierzulande genießt der Vatikan für seine Haltung zu Themen wie Homosexualität, Empfängnisverhütung oder dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen weit weniger Rückhalt als in anderen Ländern. Dies geht aus einer Erhebung der Universität Münster und der Freien Universität Berlin hervor. Demnach gehen Katholiken in Polen und Südeuropa am ehesten konform mit Positionen ihrer Kirche.

Die nicht repräsentative Erhebung, für die 10 000 Katholiken aus 42 Ländern befragt wurden, allerdings 8000 von ihnen in Deutschland, zeigt die deutschen Gläubigen als überwiegend liberal eingestellte Gruppe. Etwa 70 Prozent der befragten deutschen Katholiken wünschen sich eine Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durch ihre Kirche.

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Mit dieser Ansicht stehen die Deutschen in der Umfrage sogar weitgehend alleine da. Die Teilnehmer aus Brasilien, Spanien, Portugal und Italien lehnten die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren mehrheitlich ab. Am entschiedensten zeigten sich polnische Katholiken, 80 Prozent von ihnen wollten nicht, dass die Kirche solche Partnerschaften anerkennt.

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Auch bei der "wilden Ehe", dem Zusammenleben unverheirateter Paare, äußerten sich die befragten deutsche Katholiken auffallend liberal. Mehr als 80 Prozent von ihnen zeigten keine moralischen Bedenken dagegen, während in Brasilien, den USA, Kanada und Südeuropa nur etwa die Hälfte der Katholiken ein solches Zusammenleben guthieß. In Polen war die Ablehnung am stärksten: Fast drei Viertel der dort befragten Katholiken gaben an, dass Paare erst nach der Trauung zusammenziehen sollten.

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Auch in der Frage, ob Priester das Recht haben sollten zu heiraten, folgen die deutschen Katholiken mehrheitlich nicht der Position des Papstes. Mehr als 85 Prozent der deutschen Teilnehmer sagten, dass Priester selbst entscheiden sollten, ob sie zölibatär leben wollen. In Südeuropa hingegen unterstützte mehr als die Hälfte der Befragten den geltenden Zwang zum Zölibat.

Die katholische Kirche lehnt grundsätzlich die Empfängnisverhütung ab. Drei Viertel der befragten deutschen Katholiken distanzierten sich jedoch auch davon. Weitgehend einig zeigten sich die weltweit befragten Gläubigen in einem einzigen Punkt: Den Umgang der Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen lehnten sie ab. Die Befragten in fast allen Ländern der Studie widersprachen hier mehrheitlich der Haltung ihrer Kirche. Nach den Vorgaben des Vatikans sind Wiederverheiratete bislang von der Kommunion ausgeschlossen, das heißt von der Gabe von Brot und Wein im Gottesdienst. Der Fragebogen wurde in Folge der Initiative "Fragt die Gläubigen" von Papst Franziskus im Jahr 2013 entwickelt. Die Macher der Studie, die Theologie-Studenten Sarah Delere, Anna Roth und Tobias Roth, ließen die Fragebögen in zwölf Ländern verteilen, oft mit Unterstützung von Diakonen und Priestern.

© SZ vom 20.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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