Strauss-Kahn wird zur Callgirl-Affäre verhört:Getriebener des eigenen Triebs

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Ja, sagt Dominique Strauss-Kahn, ich war auf diesen Feiern. Und nein, behauptet er, ich habe nicht gewusst, dass die anwesenden Damen Prostituierte waren. Die französischen Ermittler zweifeln an seiner Version - und haben den ehemaligen IWF-Chef nun zur Vernehmung nach Lille geladen. Strauss-Kahn droht eine Anklage wegen Beihilfe zur Zuhälterei.

Es hätte das Jahr des Dominique Strauss-Kahn werden können und sollen. Doch nicht sein Konterfei ziert nun, zwei Monate vor der Präsidentschaftswahl im April, die Plakate der französischen Sozialisten: Sein Parteifreund François Hollande ist es, der sich mit Amtsinhaber Nicolas Sarkozy ein Rennen um das höchste Amt der Grande Nation liefert. Wenn der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) in diesen Tagen Schlagzeilen macht, dann nicht mit hoher Politik, sondern mit niederen Instinkten. Einmal mehr.

In Lille wird Strauss-Kahn an diesem Dienstag zur sogenannten Callgirl-Affäre vernommen. Es geht um Sex-Partys mit Prostituierten und um die Finanzierung dieser frivolen Feiern. Um den guten Ruf des einst einflussreichen Finanzlenkers geht es nicht, der ist bereits seit dem 14. Mai vergangenen Jahres wohl irreparabel geschädigt. An jenem Tag wird Strauss-Kahn am Kennedy-Airport in New York festgenommen. Dem damaligen IWF-Boss, der bereits als Präsidentschaftskandidat der Sozialisten mit guten Chancen auf das Amt gilt, wird vorgeworfen, in einem Luxushotel in Manhattan ein Zimmermädchen vergewaltigt zu haben. Er kommt in Untersuchungshaft, wird später unter Hausarrest gestellt. Am Ende lässt die New Yorker Staatsanwaltschaft die Vorwürfe fallen, weil sich das mutmaßliche Opfer in Aussagen unglaubwürdig gemacht hat.

Doch Dominique Strauss-Kahn ist da schon beruflich und politisch am Ende - nicht zuletzt, weil Zweifel an seiner Unschuld bleiben.

Denn auch in seiner Heimat Frankreich wurden in der Zwischenzeit Anschuldigugen laut: Eine französische Journalistin wirft ihm versuchte Vergewaltigung vor - und er gilt als Verdächtiger in einer Affäre um gesponserte Partys, auf denen Prostituierte anwesend gewesen sein sollen. Strauss-Kahn hat eine Teilnahme an den Feiern bereits eingeräumt, jedoch will er nicht gewusst haben, dass die weiblichen Gäste käuflich waren. Diese Aussage wiederum stellen die Ermittler in Frage - sollten sich ihre Zweifel erhärten, droht Strauss-Kahn eine Anklage wegen Beihilfe zur Zuhälterei.

Die zweite Frage im Zentrum der heutigen Vernehmungen ist die Finanzierung der Sex-Gelage, die von zwei Geschäftsmännern aus dem nahen Umfeld des 62-Jährigen ausgerichtet wurden. Einer der Organisatoren rechnete die Party-Kosten über seine Firma ab. Sollte Strauss-Kahn über die betrügerischen Machenschaften informiert gewesen sein und gegebenenfalls auch illegale Gegengeschäfte in Aussicht gestellt haben, muss er mit einer Anklage wegen Veruntreuung rechnen. Den Prostituierten waren nach Medienberichten 500 bis 1600 Euro für Partys in Paris, Brüssel und New York gezahlt worden.

Strauss-Kahn hatte seit vergangenem Herbst selbst darauf gedrängt, zu dem Fall vernommem zu werden. In einem Wagen mit getönten Scheiben fuhr er nun in Lille vor, in Begleitung seines Anwalts. Der Polizeigewahrsam könnte nach Angaben aus Justizkreisen theoretisch bis zu 96 Stunden dauern, als wahrscheinlich gilt aber eine Dauer von bis zu 48 Stunden. Der tiefe Fall des Dominique Strauss-Kahn wird wohl noch länger dauern.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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