Steiermark:Wie ein Querulant ein Dorf in Atem hält

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Die Menschen in Stiwoll, in der Steiermark, haben Angst, seit ein Nachbarschaftsstreit am vorigen Sonntag blutig eskalierte. Noch ist der mutmaßliche Täter flüchtig. (Foto: Elmar Gubisch/dpa)
  • Die österreichische Polizei fahndet nach Friedrich F. Er soll zwei Menschen mit einem Kleinkalibergewehr erschossen haben.
  • Mittlerweile konzentriert sich die Suche auf die Umgebung seiner Heimatgemeinde Stiwoll in der Steiermark.
  • F. war seit langem "amtsbekannt", weil er mit Gott und der Welt in zähe Konflikte verstrickt war.

Von Peter Münch, Wien

Hubschrauber kreisen über den Gehöften, den Dorfplatz sichert ein Panzerwagen, und Hundertschaften der Polizei durchkämmen schwer bewaffnet die Wälder. Im 700-Seelen-Ort Stiwoll in der Steiermark herrscht Ausnahmezustand. Die Menschen haben Angst, seit ein Nachbarschaftsstreit am vorigen Sonntag blutig eskalierte. Zwei Menschen wurden erschossen, eine weitere Frau schwer verletzt, und der mutmaßliche Täter ist seither flüchtig. Jeder kennt ihn hier als wütenden Querulanten - und vor allem wissen alle, dass er noch viele andere Rechnungen offen hat.

Zerstritten mit Gott und der Welt - jetzt wird nach ihm im ganzen Land gesucht

Die Tat: Der Polizei zufolge hat der 66-jährige Friedrich F. schon seit Jahren mit seinen Nachbarn um ein Wegerecht gestritten. Am Sonntag in der Früh soll er sie zu sich bestellt und damit in einen Hinterhalt gelockt haben. Aus dem Nebengebäude seines Anwesens heraus kamen die Opfer unter Beschuss. Ein 64-jähriger Mann und eine 55-jährige Frau wurden von mehreren Schüssen getroffen und getötet, eine 68-Jährige konnte schwer verletzt entkommen. Die Waffe, ein Kleinkalibergewehr, soll sich der Schütze illegal besorgt haben, obwohl im Haus auch Jagdwaffen seiner Frau zur Verfügung gestanden hätten. Nach den Schüssen brauste er mit seinem weißen Kleinbus davon.

Die Bluttat ist ein Schock für den Ort, doch mittlerweile nimmt ganz Österreich regen Anteil an der Jagd auf den Täter, weil immer mehr bizarre Hintergründe bekannt werden. Friedrich F. nämlich war, wie es heißt, seit langem "amtsbekannt", weil er mit Gott und der Welt in zähe Konflikte verstrickt war. Mal handelte es sich um einen Grundstücksdisput mit den Nachbarn, mal ging es um die Rechnung eines Dachdeckers, über die er vor Gericht stritt. Ermittelt wurde gegen ihn schon wegen übler Nachrede, gefährlicher Drohungen und versuchter Nötigung. Auf einer eigenen Webseite präsentiert er sich mit wirren Traktaten und in mittlerweile gesperrten Videos als Justizopfer, hetzt gegen Rechtsanwälte und Richter oder arbeitet sich an der SPÖ ab.

Der Wirrkopf hat eine Großfahndung im ganzen Land ausgelöst

In manchen Berichten wird er nun als Reichsbürger dargestellt, verwiesen wird auf Kontakte zu allerlei rechten Kreisen. Die Verfahren gegen ihn wurden jedoch alle eingestellt, weil er in Gutachten als nicht zurechnungsfähig, aber ungefährlich eingestuft wurde. Folgenlos blieb auch ein Plakat mit der Aufschrift "Heil Hitler", das er im Vorjahr an seinem Kleinbus anbrachte, um damit durch Graz und Umgebung zu fahren. Der Staatsanwalt erklärte dazu, dass "ein NS-Wiederbetätigungsvorsatz nicht nachweisbar" sei. "Der Beschuldigte konnte glaubhaft machen, dass er mit dem Plakat nur auf Missstände in der Justiz aufmerksam machen wollte, die NS-Methoden gleichen".

Im Rückblick lässt das viele schaudern, denn nun hat der Wirrkopf eine Großfahndung im ganzen Land ausgelöst. Nach Hinweisen aus der Bevölkerung rückte die Polizei im 200 Kilometer vom Tatort entfernten niederösterreichischen Amstetten ebenso aus wie in Mauthausen in Oberösterreich. Mittlerweile konzentriert sich die Suche aber wieder auf die Umgebung seiner Heimatgemeinde, nachdem dort in einem Waldstück das Fluchtauto gefunden wurde. Das Gelände ist schroff und schwer zugänglich, es gibt nach Polizeiangaben unzählige Versteckmöglichkeiten, und selbst die morschen Stollen einer schon vor langer Zeit stillgelegten Silbermine wurden vergeblich durchsucht. Am Freitagfrüh wollte ein Zeuge den Verdächtigen in Thal entdeckt haben, dem Geburtsort des legendären Steirers Arnold Schwarzenegger. Auch diese Spur führte zu nichts.

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Manche spekulieren, dass sich der Gesuchte an irgendeinem abgelegenen Ort längst das Leben genommen habe. Andere aber fürchten sich vor weiteren Taten. Die Polizei hat eine "Gefährdetenliste" erstellt mit all jenen, die mit Friedrich F. im Streit lagen. Sie werden nun besonders geschützt. "Der gibt nicht auf", heißt es in seinem Heimatort. "Wenn er wieder kommt, kracht es noch einmal, er hat nichts zu verlieren."

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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