Astrologie und Politik:Krieg der Sterne

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Zum traditionellen Neujahrsfest im April gehören zahlreiche Rituale. (Foto: Ruwan Walpola/IMAGO/Pacific Press Agency)

Sri Lanka streitet über das exakte Datum für ein wichtiges Fest. Das Kultusministerium ließ darüber 42 Astrologen beraten.

Von David Pfeifer

Je unsicherer die Zeiten, desto eher wenden sich die Menschen der Magie zu, dem Okkulten und den Sternen. In Sri Lanka, das sich gerade erst von einer heftigen Wirtschaftskrise erholt, wird mit besonderer Überzeugung an die Kraft der Astrologie geglaubt. So sehr, dass nun "Star Wars" ausgebrochen sind, wie die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag meldete. Die Astrologen sind in einen Streit darüber geraten, an welchem Datum diesmal die alljährlich um den 14. April herum stattfindenden Neujahrsrituale in Sri Lanka abgehalten werden sollen.

Dieser Streit findet nicht auf den Horoskop-Seiten statt, sondern auf den Titelseiten, im Fernsehen und unter Politikern. Denn das Kultusministerium des kleinen Landes beschäftigt ein Gremium mit nicht weniger als 42 Sterndeutern. "Wir haben sehr intensiv diskutiert", sagte Ananda Seneviratne, der Sprecher des Komitees. "Nach vielen Beratungen haben wir uns mit einer Mehrheitsentscheidung für die günstigste Zeit entschieden." Der Termin für die traditionellen Neujahrsfeierlichkeiten sollte demnach der 13. April sein.

In Sri Lanka wird zwar auch der Jahreswechsel zum 1. Januar gefeiert, doch das Fest im April, zu dem zahlreiche Rituale gehören, hat für viele Familien eine enorme Bedeutung.

Könnte das Land nach der Feier am falschen Datum "in Flammen aufgehen"?

Einige Astrologen des Gremiums finden die Berechnungen allerdings zu ungenau, wie der Daily Mirror aus Sri Lankas Hauptstadt Colombo berichtet. Roshan Chanaka beispielsweise behauptet, der Termin sei falsch berechnet worden und würde das Land in eine "Katastrophe" führen. Sri Lanka werde "in Flammen aufgehen", wenn daran festgehalten werde. Es ist das erste Mal, dass das Gremium in dieser Sache keine Einigkeit erzielen konnte. Die Sache ist ernst.

Astrologie ist keine exakte Wissenschaft, um es mal zurückhaltend zu formulieren. Politik allerdings ist auch nur die "Kunst des Machbaren", wie es der italienische Magnat Gianni Agnelli in Worte fasste. Und was im krisengebeutelten Sri Lanka machbar ist, das steht auch für 2024 eher in den Sternen, und zwar sowohl für den buddhistischen als auch für den hinduistischen Teil der Bevölkerung. Astrologen haben dort enormen Einfluss, wie im gigantischen Nachbarland Indien, wo die "Star Wars" ebenfalls Schlagzeilen machen.

Im gesamten ehemaligen Britisch-Indien werden gerne die Sterne befragt, wenn es um Geschäftsabschlüsse, Wahltermine, Partnerwahl oder Hochzeiten geht. Einer der Gründe könnte sein, dass in Gesellschaften, in denen die Menschen mit großer Existenzunsicherheit leben müssen, möglichst alle Quellen zurate gezogen werden, auch die Götter, der Kaffeesatz und die Sterne. Sicher ist sicher.

Andererseits hörte auch Frankreichs Staatschef François Mitterrand auf die schweizerisch-französische Astrologin Elizabeth Teissier. Die wurde auch in Deutschland sehr berühmt, durch ihre "Astro-Show" in der ARD und eine Serie in der Bild-Zeitung. Teissier, heute 86 und immer noch aktiv, galt damals als prominenteste Vertreterin einer aufstrebenden Branche. Es waren andere Zeiten. Andererseits: Ein Comeback der Astrologie in Deutschland kann nicht ausgeschlossen werden. Die Stimmung wäre danach.

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