Schweizer Bundesgericht:Urteil im Fall Brian aufgehoben

Lesezeit: 1 min

Brian, auch bekannt als Carlos, ist der bekannteste Häftling der Schweiz. (Foto: Linda Graedel/picture alliance/Keystone)

Brian K. ist der wohl bekannteste Häftling der Schweiz, seit drei Jahren sitzt er in Einzelhaft. Nun muss das Zürcher Obergericht das Verfahren gegen den 26-Jährigen neu aufrollen.

Von Isabel Pfaff, Bern

Das Schweizer Bundesgericht hat im Fall des jungen Schweizers Brian K. ein wichtiges Urteil gefällt: In seinem diese Woche veröffentlichten Entscheid hebt das höchste Gericht des Landes das Urteil des Obergerichts Zürich vom vergangenen Mai auf. Damals wurde der 26-Jährige wegen mehrerer Straftaten, die er zwischen 2017 und 2018 im Gefängnis begangen haben soll, zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt.

Brian K. und seine Anwälte hatten daraufhin Beschwerde beim Bundesgericht eingelegt. Ihr Argument: Der junge Mann habe die ihm vorgeworfenen Delikte aufgrund seiner "unmenschlichen" Haftbedingungen und seiner bisherigen Erfahrungen mit den Behörden aus einer Notstandssituation heraus begangen; beides sei nicht angemessen berücksichtigt worden. Die Richter in Lausanne hießen die Beschwerde gut und wiesen den Fall zur Neubeurteilung ans Obergericht zurück - für Brian K. und seine Verteidiger ein wichtiger Etappensieg.

Die Geschichte des jungen Manns hat inzwischen internationale Aufmerksamkeit erregt. Brian K., der bereits als Zehnjähriger erste Erfahrungen mit Polizei und Behörden machte, landete in den vergangenen Jahren immer wieder im Gefängnis. Seit Mitte August 2018 sitzt er fast ununterbrochen in einer JVA im Kanton Zürich in Einzelhaft - ohne rechtskräftige Verurteilung. Nils Melzer, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, intervenierte im Sommer bei der Schweizer Regierung wegen der Haftbedingungen, und auch die Schweizer Kommission zur Verhütung von Folter hat den Umgang mit dem Häftling kritisiert.

Nun rügen auch die Bundesrichter das Obergericht. Es habe bei der Beurteilung den "relevanten Zeitraum" verkannt. Nicht nur die aktuelle Situation sei entscheidend, sondern auch all das, was Brian K. vorher im Kontakt mit den Behörden widerfahren sei. Das Gericht habe den Sachverhalt "unvollständig" festgestellt und verletze damit seine Begründungspflicht und den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör. Ein neues Urteil müsse sich "mit der Argumentation des Beschwerdeführers auseinandersetzen".

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSchweiz
:"Es zerfrisst dich von innen"

Brian K. ist der wohl bekannteste Häftling der Schweiz. Der 26-Jährige hat schon viele Jahre hinter Gittern verbracht, seit drei Jahren sitzt er in Einzelhaft. Seine Anwälte sagen, das sei Folter. Nun haben sich die UN eingeschaltet. Haben die Behörden ihm Unrecht getan?

Von Isabel Pfaff

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: