Schultoiletten:Die Notdurft muss warten

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Überraschend sauber präsentiert sich diese Schultoilette in Oberhausen. (Foto: IMAGO/Funke Foto Services)

Ein sauberes Klo sollte zur menschenwürdigen Grundausstattung gehören - auch in Schulen. Die Realität ist aber eine andere. Ein Wettbewerb will jetzt Ideen für bessere hygienische Bedingungen sammeln. Dabei wäre die Lösung ganz einfach.

Von Gerhard Matzig

Das stille Örtchen heißt auch deshalb so, weil man sich eigentlich nicht lautstark damit beschäftigen will. Länger als hygienisch erforderlich verweilt man dort auch nicht unbedingt. Obwohl es Menschen geben soll, die hier, rein privat, umfangreiche Bibliotheken unterbringen. Aber das ist nicht die Regel - jedenfalls nicht im öffentlich zugänglichen Raum, wo sich auch das fünf Millionen Euro teure Gold-Klo befand, das der italienische Künstler Maurizio Cattelan vor einigen Jahren schuf. Für den britischen Blenheim-Palast in der Nähe von Oxford. Die Besucher warteten in Schlangen davor.

Das Gold-Klo wurde leider geklaut. Der Künstler, der das nicht bei megabad.com erhältliche Klosett zuvor für das Guggenheim Museum in New York entworfen hatte, meinte: "Ich glaube, dass die Menschen eine Bedeutung in diesem Werk sehen werden." So geschah es auch, wobei diese Menschen wohl Diebe waren. Oder vielleicht aus Berlin.

Unser deutsches Klo (das französische "Toilette" ist ein bisschen gepudert, so als Wort) bezieht sich auf das englische "water closet" und drückt aus, dass das WC architektonisch kein großes Geschäft, sondern eine kleine Bauaufgabe darstellt. Laut "Bauentwurfslehre" bestehen Sanitärräume aus Wasserleitungen beziehungsweise Abwasserrohren, aus Spülklosetts, Urinalen, Rinnen, Handwaschbecken, Abfalleimer - und aus einem Spiegel, der im Idealfall noch ganz ist.

Das Nähere regelt, wir sind ja in Deutschland, die eine oder andere Norm nach Maßgabe der ArbStättV. Das ist die Verordnung über Arbeitsstätten, die auch für Schulen gilt - weil das Lehren und Lernen durchaus etwas mit Arbeit zu tun haben kann und insofern volkswirtschaftlich relevant erscheint. Denkt man. Ein sauberes Klo sollte daher zur Grundausstattung der Menschenwürde gehören. Jedenfalls in jenen Zivilisationen, zu denen sich Deutschland mal gezählt hat.

Weniger essen, um nicht aufs Klo zu müssen

Dass das nicht mehr so ist, macht der ansonsten zu lobende Wettbewerb "Toiletten machen Schule" deutlich, der seit Mittwoch läuft. Zu gewinnen sind Preise im Wert von mehr als 50 000 Euro. Auslober des Wettbewerbs ist die German Toilet Organization. Bei der GTO, ansässig in Berlin, heißt es: "Jede Schule sollte über saubere, sichere, hygienische Toiletten verfügen." Genau. Aber warum soll man dann "Ideen entwickeln und Konzepte umsetzen", um die Schultoilette "nachhaltig zu verbessern"?

Weil Schultoiletten in Deutschland, in diesem legendären Bildungsland und Hort der Kinderfreundlichkeit, meistens keine stillen Örtchen der Körperkultur mehr sind. Sondern Tatorte des Grauens. Die sanitären Anlagen in Schulen hierzulande sind von krankheitserregenden Löchern in den Böden, wie man sie aus Krisengebieten kennt, nicht zu unterscheiden.

Nach einer Studie, die die GTO zusammen mit dem Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universität Bonn erstellt hat, ist es in Berlin so: "46 Prozent der Schüler*innen vermeiden das Urinieren, 85 Prozent das Defäkieren. Dies hat gravierende Auswirkungen auf das Ess- und Trinkverhalten: Mehr als ein Viertel der Schüler trinkt und isst in der Schule weniger", um nicht aufs Klo gehen zu müssen. Denn dort warten: "Gestank, Löcher in den Kabinenwänden, Wasserflecken an der Decke, das Fehlen von Klopapier". Unter anderem.

Hierzu folgende ungewöhnliche Idee, wie man Schultoiletten total easy verbessern kann: Man putzt und pflegt sie. Dazu braucht es Geld? Dumm jetzt, denn Geld ist keines mehr da, weil es bereits für Traktordiesel, das Dienstwagenprivileg und beheizbare Gehsteige ausgegeben wurde. Deshalb ja der Wettbewerb. Schüler, löst eure Probleme bitte mal allein - Deutschland hat gerade andere Sorgen. Und falls jemand von euch gewinnt: Bitte überweist das Geld als Spende an die um 60 Milliarden Euro klamme Regierung in Berlin. Sie ist in existenzieller Not. Die Notdurft muss warten. Bis zum Gong. Oder geht zwischendurch zu McDonald's.

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