Versuchter Giftmord:Stargeiger zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt

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"Sie sind das Bindeglied dieser Fälle": Vor dem Landgericht Hannover musste sich ein Musiker verantworten, nun ist er verurteilt worden. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Der Musiker hat laut Gericht Rattengift in das Essen seiner Mutter gemischt. Zwei Kollegen und Freunden soll er zudem auf einer Konzertreise einen vergifteten Knoblauchdip gegeben haben.

Von Uta Eisenhardt, Hannover

Sein Verteidiger nannte ihn einen Feingeist. Der 62-jährige Stargeiger Marcus H. war dreißig Jahre lang erster Konzertmeister des Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchesters, bis er sich durch den Generalmusikdirektor und einen Konkurrenten gemobbt fühlte und eine Stelle als vierter Geiger annahm. Anfang September 2022 litten sowohl seine Mutter als auch zwei befreundete Kollegen plötzlich unter den Folgen der Aufnahme von Rattengift. Nun musste sich Marcus H. vor dem Landgericht in Hannover verantworten.

Dreifachen versuchten Mord warf die Staatsanwaltschaft dem Geiger vor und forderte zwölf Jahre Haft, die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Am Montagvormittag sprach das Gericht unter dem Vorsitz von Martin Grote sein Urteil: Es wertete die Vergiftung der Mutter als versuchten Mord und die der Kollegen, ein Mann und eine Frau, als gefährliche Körperverletzung. Sechs Jahre und sechs Monate soll Marcus H. dafür ins Gefängnis.

"Sie hatten ein Motiv. Wir wissen nur nicht, welches"

Der Musiker hatte nicht bestritten, den Blutgerinnungshemmer Brodifacoum Ende 2019 im Moment der größten Verzweiflung und des Hasses auf den Rivalen bestellt zu haben - über einen chinesischen Internethändler. Dann habe er ein schlechtes Gewissen bekommen und das Gift entsorgt. Dem folgte das Gericht nicht, glaubte ihm aber, dass Marcus H. zu all seinen Opfern eine äußerst enge Bindung hatte.

"Sie hatten ein Motiv. Wir wissen nur nicht, welches", sagte Richter Grote. Zugunsten des Angeklagten nahm das Gericht an, dass es ihn sehr belastete, als seine über 90-jährige Mutter im Sommer 2022 immer häufiger stürzte, einmal sogar auf den Kopf. Eine Demenz wurde diagnostiziert. Mit seinen beiden Geschwistern war sich Marcus H. einig, dass es mit der Mutter bergab ging. "Irgendwann müssen wir sie gehen lassen", schrieb er ihnen im Juli 2022. Die Mutter kam in ein Pflegeheim, wo Marcus H. sie besuchte. Nach Meinung des Gerichts mischte er ihr das Gift in ein Getränk oder in den Kuchen, in der Hoffnung, dass sie beim nächsten Sturz an inneren Blutungen sterben würde. Dies sei der Versuch eines Mordes gewesen - heimtückisch, aber wohl vor allem vom Mitleid getragen.

Anders gelagert sei die Motivation für die Vergiftung der Kollegen, urteilte das Gericht: Von diesen beiden langjährigen Freunden habe er sich Verständnis und Unterstützung erhofft. Der Kollege riet Marcus H., noch etwas durchzuhalten, bis ein anderer Generalmusikdirektor das Orchester übernehme. Die sogar in den Orchestervorstand gewählte Kollegin schöpfte ebenfalls nicht ihre Möglichkeiten aus. "Sie fühlten sich von beiden alleingelassen", resümiert Grote. Es liege nahe, dass Marcus H. den Freunden aber nur einen Denkzettel verpassen wollte.

Durch seine umfangreichen Recherchen hätte der Angeklagte gewusst, dass die beiden nicht an dem Gift sterben würden. Jedes Krankenhaus verfügt über das Gegenmittel Vitamin K, mit dem alle Opfer dann auch erfolgreich behandelt wurden. Das Gericht jedenfalls wertete die Tatsache, dass Marcus H. den Freunden einen vergifteten Knoblauchdip gereicht hatte, nur als gefährliche Körperverletzung.

Während das Gericht die Urteilsbegründung verlas, saß Marcus H. mit gesenktem Kopf neben seinen Verteidigern. Die wollen jetzt in Revision gehen, auch die Staatsanwaltschaft denkt über diesen Schritt nach.

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SZ PlusProzess in Hannover
:Der Stargeiger mit dem Rattengift

Marcus H. wurde als Konzertmeister des Schleswig-Holsteinischen Sinfonieorchesters degradiert, danach soll er seinen beiden Lieblingskollegen Brodifacoum in einen Dip gemischt haben. Vor Gericht geht es auch um die Frage: Warum nicht seinem Rivalen?

Von Uta Eisenhardt

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