Schiffsunglück vor Griechenland:Schiff mit 49 Geretteten trifft in Bari ein

Lesezeit: 4 Min.

  • Ein Containerschiff mit 49 Geretteten von der in der Adria verunglückten Fähre Norman Atlantic ist im Hafen von Bari eingelaufen.
  • Auf der brennenden Fähre Norman Atlantic warten noch immer etwa 190 Menschen auf Rettung. An Bord befanden sich 478 Menschen, darunter 18 Deutsche. Mindestens ein Mensch kam bisher bei dem Unglück ums Leben. Starker Wind und hohe Wellen behindern die Rettungsarbeiten.
  • Medien berichteten von Mängeln an der Norman Atlantic, der Eigner des Schiffes wies die Berichte zurück.

Schiff mit 49 Geretteten erreicht Bari

Das Fährunglück in der Adria hat mindestens einen Menschen das Leben gekostet. Ein Opfer sei tot geborgen worden, meldete die italienische Küstenwache. Der Mann sei vermutlich beim Sprung von Bord umgekommen.

Ein Containerschiff mit 49 Geretteten der Unglücksfähre Norman Atlantic ist im Hafen von Bari eingelaufen. Das italienische Fernsehen zeigte Bilder von dem Frachter Spirit of Piraeus, der zur Hamburger Rickmers-Gruppe gehört. Im Hafen bereiteten sich die Rettungskräfte auf einen Großeinsatz vor, Krankenhäuser der süditalienischen Stadt waren in Alarmbereitschaft.

Laut Medienangaben waren auch Deutsche an Bord des Frachters. Die Nachrichtenagentur Ansa berichtete, dass es vermutlich keine schwerer Verletzten auf der Spirit gebe. Eigentlich sollte das Handelsschiff in Brindisi anlegen - dies sei aber wegen schlechten Wetters nicht möglich gewesen. Der Frachter war in der Nähe, als sich das Unglück nordwestlich der griechischen Insel Korfu ereignete.

Das Containerschiff "Spirit of Piraeus" fährt im Hafen von Bari ein. An Bord: 49 Passagiere der "Norman Atlantic". (Foto: AFP)

290 Menschen gerettet

Der Albtraum der an Bord der Norman Atlantic festsitzenden Menschen nimmt nur langsam ein Ende. Gut 24 Stunden nach dem Ausbruch eines Feuers an Bord der Adria-Fähre harren noch etwa 190 Menschen auf dem Schiff aus. Die Rettungskräften waren zwar durchgängig im Einsatz, doch Dunkelheit und dichter Rauch machten ihnen zu schaffen. Wie die italienische Marine in den frühen Morgenstunden mitteilte, wurden bislang mehr als 290 Menschen von Bord des Schiffes gerettet. Inzwischen seien auch Ärzte an Bord gebracht worden.

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Die meisten der Geretteten wurden mit Hubschraubern auf andere Schiffe gebracht, die zur Hilfe geeilt waren. Mehrere Menschen, darunter eine Schwangere und Kinder, kamen ins Krankenhaus.

18 Deutsche an Bord

Insgesamt waren 478 Menschen an Bord der Fähre Norman Atlantic. Unter den 422 Passagieren waren viele Lastwagenfahrer, aber auch Familien mit Kindern. Crewmitglieder waren 56 an Bord. 18 der Passagiere waren Deutsche. Bei den übrigen handelte es sich um 234 Griechen, 44 Italiener, sowie Türken, Albaner, Franzosen, Niederländer, Belgier und Angehörige andere Nationen.

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Dem Auswärtigen Amt zufolge sind die deutschen Botschaften in Rom und Athen eingeschaltet und stünden in Kontakt mit den zuständigen Behörden. Angehörige können sich unter einer extra eingerichteten Hotline (030/50002000) informieren.

Der Hergang des Unglücks

Auf der Fähre Norman Atlantic war am Sonntagmorgen auf dem unteren Parkdeck Feuer ausgebrochen; dieses verbreitete sich rasch über die anderen Decks. Als das Schiff gegen drei Uhr morgens ein Notsignal absetzte, war das Schiff in der Nähe der griechischen Insel Othoni und etwa 44 Seemeilen nordwestlich von Korfu. Im Laufe des Tages trieb die Fähre in Richtung Albanien. Das berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf den Kapitän des Schiffes. Die Fähre sei manövrierunfähig und das Feuer noch nicht gelöscht. Allerdings hieß es später, das Feuer sei unter Kontrolle und auf Brücke 5 beschränkt.

Am frühen Montagmorgen hieß es laut Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa, dass das Feuer inzwischen unter Kontrolle gebracht sei, es könne jedoch weitere Glutnester im Inneren des Schiffes geben, und es qualme weiter.

Berichte über Mängel an der Fähre

Die Norman Atlantic ist eine unter italienischer Flagge fahrende Autofähre, die 2009 gebaut wurde und der italienischen Firma Visemar gehört. Aber die griechische Linie Anek hatte die Fähre gepachtet. Das Schiff war am Sonntagmorgen vom griechischen Patras aus in die italienische Hafenstadt Ancona unterwegs und mit 200 Autos beladen. Auf dem Deck, auf dem das Feuer ausbrach, sollen auch 20 bis 25 Lastwagen mit Olivenöl gewesen sein.

Fragen zum Zustand der Fähre häuften sich. Verschiedene Medien berichten von Mängeln. Eine Inspektion vom 19. Dezember habe mangelhafte Dichtungen, Rettungsmittel und Notbeleuchtung festgestellt, schreibt unter anderem die griechische Zeitung Efimerida ton Syntakton. Vor allem habe das Schiff aber keinen klaren Rettungsplan gehabt. Die Mängel hätten demnach binnen 15 Tagen behoben werden sollen. Die italienische Zeitung Il Fatto Quotidiano berichtet von einer Inspektion vom Mai 2011 in Malta. Schon damals seien die Feuerschutztüren bemängelt worden.

Der Eigner bestätigte, dass das Schiff am 19. Dezember kontrolliert wurde. Doch von gravierenden Mängeln sei nicht die Rede gewesen. "Die Tests ergaben, dass das Schiff voll funktionstüchtig war", sagte der Chef der Visentini-Gruppe, Carlo Visentini, der Nachrichtenagentur Ansa. Bei der Inspektion sei eine "leichte Fehlfunktion" an einer Brandschutztür aufgefallen, die unmittelbar behoben worden sei. Das sei "zur Zufriedenheit der Inspektoren" erfolgt, deshalb habe das Schiff in vollem Umfang seine Einsätze absolvieren können, fügte Visentini hinzu. Er sagte, es habe sich um die Brandschutztür 112 gehandelt. Genau dort habe sich nach den ihm vorliegenden Informationen der Brand entwickelt.

Über die Ursache des Brandes auf dem Schiff wird weiter spekuliert. Möglicherweise waren Laster überladen. LKW-Fahrer berichteten in griechischen Medien, dass einige Fahrzeuge Olivenöl geladen hätten und dass das Fahrzeugdeck überladen gewesen sei. Ein Funke könne da schnell einen Brand auslösen.

Schlechtes Wetter behindert die Evakuierung

Das größte Problem ist das schlechte Wetter. Wind der Stärke acht, Regen und Hagel behindern die Rettungsmanöver. Später behinderte laut italienischer Marine der starke Rauch die Sicht der Rettungskräfte. Zwei Passagiere rutschten auf eine Rampe und drohten von den Wellen fortgerissen zu werden, wie das griechische Schifffahrtsministerium mitteilte. Ein Militärhubschrauber versuchte, sie zu bergen. Nach Angaben des italienischen Marinesprechers Riccardo Rizotto waren vier Hubschrauber am Unglücksort im Einsatz. Mehrere Gerettete berichteten, der Wind habe Orkanstärke. Zudem kommen die helfenden Schiffe nicht nahe genug an die Fähre heran.

Sieben Handelsschiffe versuchten laut dem griechischen Schifffahrtsminister Miltiadis Varvitsiotis gegen Mittag, einen Windschutz um die Norman Atlantic zu bilden. Stunden später gelang es, ein Tau an der 186 Meter langen Fähre zu befestigen - doch es riss. Dennoch wird laut griechischer Küstenwache weiter versucht, das Schiff an die italienische Küste, nach Brindisi, zu schleppen. Varvitsiotis sagte: "Es ist eine der kompliziertesten Rettungsaktionen, die wir jemals hatten."

Nach den Worten des griechischen Verteidigungsministers Nikos Dendias wird die Rettungsaktion von Italien aus koordiniert. Premier Matteo Renzi hatte am Sonntagmorgen auf Twitter versichert: "Wir verfolgen die Fährentragödie zwischen Griechenland und Italien, im Austausch mit Premier Samaras und der maximalen Einsatz unserer Marine." Die italienische Verteidigungsministerin Roberta Pinotti twitterte, die Rettungsaktion werde auch in der Nacht fortgesetzt. Auch aus Albanien sind Reuters zufolge Rettungskräfte zum Unglücksort unterwegs.

© SZ.de/dpa/AFP/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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