Robert Durst:Mordanklage, die Dritte

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Robert Durst, 78, wurde am 14. Oktober von einem Gericht in Los Angeles wegen eines anderen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. (Foto: Myung J. Chun/AP)

1984 verschwand Robert Dursts Ehefrau spurlos. Der Fall ist noch immer nicht geklärt. Nun wurde Klage gegen den US-Millionär erhoben, der bereits zweimal wegen Mordes vor Gericht stand.

Von Veronika Wulf

Zurzeit sieht es nicht gut aus für Robert Durst. Im Mai gaben seine Anwälte bekannt, der 78-jährige US-Multimillionär leide an Blasenkrebs, Mitte Oktober wurde er wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, dann erkrankte er an Corona, kam auf die Intensivstation. Und jetzt liegt schon die nächste Mordanklage auf dem Tisch. Und zwar eine, auf die viele seit Jahrzehnten gewartet haben: die Mordanklage im Fall seiner vor fast 40 Jahren verschwundenen ersten Ehefrau. Das Ereignis hatte damals großes Aufsehen in den USA erregt, die Diskussionen darüber dauern bis heute an.

Im Jahr 1982 verschwand Kathleen McCormack Durst in New York, nachdem es zuvor zu häuslicher Gewalt gekommen war. Die damals 29 Jahre alte Medizinstudentin wurde später für tot erklärt. Von ihrer Leiche fehlt jedoch bis heute jede Spur. Viele verdächtigen den Immobilienmogul Durst, sie ermordet zu haben, etwa sein eigener Bruder. Doch es war nie zu einer Anklage gekommen - bis Montag.

Eine neu geschaffene Stelle für ungelöste Fälle habe die Grundlage für die Anklage geschaffen, teilte die Bezirksstaatsanwältin in Westchester im US-Bundesstaat New York, Miriam Rocah, mit. Dank der unermüdlichen Arbeit von Staatsanwälten, Ermittlern und FBI habe man im Streben nach Gerechtigkeit für Kathleen Durst, ihre Familie und Opfer häuslicher Gewalt Fortschritte gemacht. "Seit fast vier Jahrzehnten gibt es viele Spekulationen über diesen Fall, ein Großteil davon angeheizt durch Robert Dursts eigene, öffentliche Aussagen", sagte Rocah.

Vermeintliches Geständnis auf dem Weg zur Toilette

Damit scheint Rocah auf Aussagen des Millionärs anzuspielen, die in der Dokuserie "The Jinx: Das Leben und die Tode des Robert Durst" des Bezahlsenders HBO im Jahr 2015 ausgestrahlt wurden. Durst selbst war an der Serie beteiligt gewesen. Als er in einer Drehpause auf die Toilette gegangen war, hatte er offensichtlich vergessen, sein Mikrofon am Hemd auszuschalten, und so war zu hören, wie er sagte: "Was zur Hölle habe ich gemacht? Sie alle getötet, natürlich." So wurde es jedenfalls in "The Jinx" dargestellt. Später stellte sich, so berichteten es US-Medien, anhand der Abschriften der Tonaufnahmen vor Gericht heraus, dass die Zitate nachträglich zusammengeschnitten und in einem anderen Kontext gesagt worden waren.

"The Jinx"
:Verdachtsfall

In der preisgekrönten Doku-Serie soll der Immobilienerbe Robert Durst ein Mordgeständnis abgelegt haben, das könnte im Herbst vor Gericht eine Rolle spielen. Allerdings drängt sich die Frage auf: Gingen die Macher zu weit?

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Die Serie blieb für Durst trotzdem nicht ohne Folgen. Am Abend vor der Ausstrahlung des letzten Teils mit dem vermeintlichen Geständnis wurde der Millionär festgenommen. Der "Jinx"-Regisseur hatte den Ermittlern neues Beweismaterial zugespielt.

Stoff für eine Serie bietet Robert Dursts Leben allemal. 1943 kam er als ältestes von vier Kindern des New Yorker Immobilienmoguls Seymor Durst zur Welt. Seine Mutter stürzte vom Dach des Familienhauses, als Durst sieben Jahre alt war und starb. Ob es ein Unfall oder Suizid war, ist ungeklärt.

Drei mutmaßliche Morde, die offenbar zusammenhängen

Auch die drei Morde, die er begangen haben soll, klingen wie in einer Krimiserie. Sie stehen wohl alle im Zusammenhang mit seiner verschwundenen ersten Frau.

Durst erschoss Ende 2000, wie kürzlich ein Gericht befand, seine Vertraute Susan Berman in deren Haus in Beverly Hills, kurz bevor sie von der Polizei zum Verschwinden von Dursts erster Ehefrau hätte befragt werden sollen. Dafür wurde der Immobilienerbe Mitte Oktober dieses Jahres in Los Angeles zu lebenslanger Haft ohne Bewährung verurteilt. Seine Anwälte kündigten an, in Berufung gehen zu wollen.

Einen weiteren Mord gestand Durst bereits im Jahr 2003: Er habe zwei Jahre zuvor seinen Nachbarn umgebracht und zerstückelt, jedoch aus Notwehr. Durst wurde freigesprochen. Laut Staatsanwaltschaft wollte er die Identität des Mannes stehlen, um den Ermittlungen zum Verschwinden von Kathleen Durst zu entgehen.

Und der mutmaßlich erste Mord, jener, der auch die anderen Taten nach sich gezogen haben soll? Für diesen wird sich Durst bald vor Gericht verantworten müssen. Das Procedere kennt er ja bereits.

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