Regierung:Spitzenpolitiker rufen zu Kampf gegen Rassismus auf

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Zahlreiche Menschen haben sich 2023 bei einer Gedenkstunde auf dem Marktplatz eingefunden, bei der an die neun Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau vor drei Jahren erinnert wird. (Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Landesregierung und Politiker im Landtag erinnern an die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau. Sie verbinden das Gedenken mit einem Appell.

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Hessische Spitzenpolitiker haben zum vierten Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau der Opfer gedacht. „Was vor vier Jahren in Hanau geschehen ist, bleibt unfassbar“, erklärte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) am Freitag. „Dieses grausame Ereignis wird niemals in Vergessenheit geraten - weder für die Angehörigen noch für uns als Gesellschaft.“ Die Namen der Opfer und das Leid der Hinterbliebenen seien eine Mahnung, Rassismus und Menschenfeindlichkeit endlich zu überwinden und jederzeit aktiv dagegen anzugehen.

Der stellvertretende Ministerpräsident, Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD), warnte, Hass und Hetze könnten tödlich sein. „Das unfassbare Leid, die Wunden, die das Verbrechen von Hanau verursacht hat, bleiben uns eine fortwährende Mahnung: Rassismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz“, sagte Mansoori. Er wird an diesem Montag an einer stillen Gedenkstunde auf dem Hanauer Hauptfriedhof teilnehmen und im Namen der Landesregierung einen Kranz an der Gedenktafel für die Opfer niederlegen.

Landtagspräsidentin Astrid Wallmann erklärte, die Opfer von Hanau seien Mitbürgerinnen und Mitbürger und somit ein Teil der Gesellschaft gewesen. „Ihr Tod ist ein weiteres furchtbares Beispiel für das, was geschieht, wenn die menschenverachtende Ideologie des Rechtsextremismus entfesselt handelt“, sagte die CDU-Politikerin. Das Erstarken rechtsextremistischen Gedankenguts sei aktuell eine der größten Gefahren für die Demokratie.

Die Vorsitzende der CDU im hessischen Landtag, Ines Claus, erklärte, der „verabscheuungswürdige und rassistisch motivierte Anschlag“ von Hanau sei eine Mahnung an alle, entschlossen gegen jegliche Form von Extremismus, Hass und Hetze einzutreten. „Es ist ein Auftrag an jeden Einzelnen in unserem Land, nicht zu vergessen und sich gemeinsam für eine offene und tolerante Gesellschaft einzusetzen“, erklärte sie.

Die Wunden, die der Anschlag bei den Familien und Freunden der Toten geschlagen habe, könnten nicht heilen, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Tobias Eckert. Die Gesellschaft könne lediglich versuchen, die Schmerzen zu lindern. „Gerade diejenigen, die in Staat und Wirtschaft, in Politik und Gesellschaft Verantwortung tragen, müssen dafür sorgen, dass alle Menschen in unserem Land vor Hass und Hetze geschützt werden“, sagte er.

AfD-Fraktionschef Robert Lambrou erklärte, die Tat vor vier Jahren habe nichts von ihrem Schrecken verloren und dürfe nicht vergessen werden. „Die unwiederbringlichen Verluste für die Angehörigen mahnen uns, wachsam gegen Rassismus zu sein“, sagte er. Das Mitgefühl der AfD gelte den Angehörigen. Die Fraktion hoffe, dass an diesem Montag ein „angemessenes Gedenken an die Opfer dieser schrecklichen Tat“ stattfinde.

Es werde in den nächsten Tagen viele Veranstaltungen und Aktionen zum Gedenken geben, erklärte der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Mathias Wagner. Das sei wichtig, denn die Opfer und ihre Schicksale stünden im Mittelpunkt des Jahrestages. „Genauso richtig und wichtig ist es aber, dass wir Hass und Hetze, Rassismus und Rechtsextremismus konsequent bekämpfen“, sagte er.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Naas rief zu einem entschlossenen Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus auf. „Dass rassistische oder rechtsextreme Narrative verfangen, ist leider kein Thema der Vergangenheit, sondern von trauriger Aktualität“, sagte er. Es sei ein ermutigendes Zeichen, dass derzeit „die breite gesellschaftliche Mitte der Zivilgesellschaft“ auf die Straßen gehe und gegen Rechtsextremismus demonstriere.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) erklärte: „Rassistische und rechtsextremistische Anschläge wie beispielsweise in Hanau, Halle, Mölln, Solingen, München, die Bluttaten des NSU und die Geschichten ihrer Opfer sollen ... ein wichtiger Teil der deutschen Erinnerungskultur werden.“ Sie erinnerte daran, dass sie in dieser Woche einen ersten Konzeptentwurf für eine „zukunftsfähige und wirkungsvolle Erinnerungskultur“ bekannt gegeben habe.

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber rief mit Blick auf den Anschlag zum Einsatz für die Würde jedes Menschen auf. „Unsere Gedanken und Gebete am Jahrestag sind vor allem bei den Angehörigen der Opfer, die ein Leben lang unter dem Verlust ihrer Lieben leiden müssen“, erklärte der Bischof. Der Tod der jungen Menschen mahne gerade jetzt, „als Zivilgesellschaft im Einsatz für die unbedingte Würde eines jeden Menschen, unabhängig von seiner Herkunft oder Weltanschauung, einzutreten“. Man müsse darüber hinaus weiter an der Vernetzung all jener Initiativen und Kräfte arbeiten, die sich für Menschenwürde und das Miteinander in Deutschland einsetzten, so der Bischof.

In Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.

© dpa-infocom, dpa:240216-99-13143/5

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