Amtsgericht Papenburg:Vorwürfe zu Tierschutz-Verstößen in Schweinemast vor Gericht

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Die Vorsitzende Richterin Olga de Raad eröffnet die Verhandlung im Amtsgericht. (Foto: Lars Klemmer/dpa)

Wieder einmal haben Tierschützer Fälle von kranken und verletzten Tieren in einer Mastanlage aufgedeckt. Aber: Was kann man den angeklagten Geschäftsführern wirklich nachweisen?

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Papenburg (dpa/lni) - Zwei Geschäftsführer einer großen Schweinemastanlage im Emsland mit rund 15.000 Mastplätzen müssen sich seit Dienstag vor dem Amtsgericht Papenburg wegen Tierschutzverstößen verantworten. In der Anlage hatte es laut Anklage Fälle von kranken und nicht behandelten Tieren gegeben. Zum Teil seien sie nicht - wie vorgeschrieben - in speziellen Krankenbuchten untergebracht gewesen. Persönlich anwesend waren die Angeklagten allerdings nicht; sie ließen sich von ihren beiden Verteidigern vertreten. Die Verhandlung wurde angesetzt, weil sie Widerspruch gegen Strafbefehle der Staatsanwaltschaft eingelegt hatten. Vor Beginn der Verhandlung demonstrierten etwa 20 Tierschützer vor dem Gerichtsgebäude.

Heimliche Videoaufnahmen des Deutschen Tierschutzbüros aus dem Jahr 2020 hatten die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Der Anwalt eines der Angeklagten sagte, er zweifele die Authentizität des Filmmaterials an. Die Filmaufnahmen hätten auch in einem anderen Maststall gefilmt worden sein können. Er benannte daher auch den im Zuschauersaal sitzenden Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Tierschutzbüros, Jan Peifer, als Zeugen. Dieser solle zur Echtheit der Videoaufnahmen befragt werden.

Peifer wurde am Dienstag allerdings nicht mehr als Zeuge aufgerufen. Das solle am zweiten Verhandlungstag geschehen, legte die Richterin fest. Weil er nun als Zeuge geladen ist, darf Peifer allerdings nun vor seiner Aussage nicht mehr dem Prozess als Beobachter beiwohnen. 

Peifer sagte vor Verhandlungsbeginn, dass er auf eine Verurteilung der beiden Angeklagten setze. „Da erhoffen wir uns auch eine -Signalwirkung in die Branche hinein, zu den Landwirten, dass sie wissen, dass es auch vor Gericht enden kann.“ Aus seiner Sicht gebe es kaum Verurteilungen von Landwirten wegen Tierschutzverstößen. Mehr Kontrollen seitens der Behörden würden solche Straftaten nicht verhindern. „Wir brauchen den Systemwechsel hin zu einer pflanzenbasierten Ernährung“, sagte Peifer. 

Am ersten Verhandlungstag waren zwei Tierärztinnen und ein Mitarbeiter des Veterinäramtes im Landkreis Emsland geladen. Unmittelbar vor der anonymen Anzeige des Deutschen Tierschutzbüros hatte das Landkreisamt den Betrieb überprüft und dabei Haltungsmängel sowie Erkrankungen bei ein paar Tieren festgestellt, allerdings nicht die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Vielmehr lautete die Auflage, dass die Tierhalter zusammen mit dem Haustierarzt die Mängel abstellen sollten, sagte eine der Veterinärinnen.

Aus ihrer Sicht hätten die Haltungsmängel und die kranken Tiere den Mitarbeitern des Maststalls auffallen müssen. Auch einige Mängel an den Spaltenböden und teils nicht funktionierende Tränken hatten die Landkreis-Mitarbeiter bei einem späteren Besuch Ende 2020 festgestellt. 

Ein Gutachter des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) hatte im Auftrag des Landkreises sechs notgetötete kranke Schweine untersucht. Die Tiere hätten aufgrund des Befundes sicherlich über drei Wochen hinweg starke Schmerzen erleiden müssen, sagte er. Aus Sicht des Anwalts hingegen gab es Widersprüche in den Akten und den Zeugenaussagen.  

Die Beweisaufnahme soll an zwei weiteren Verhandlungstagen im Februar und März fortgesetzt werden. „Es ist eine sehr umfangreiche Aktenlage, wir haben einen langen Weg der Beweisaufnahme“, sagte die Richterin. 

© dpa-infocom, dpa:230131-99-422721/3

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