Prozesse:Fragen und Anworten zum Kinderporno-Prozess

Verden (dpa) - Sebastian Edathy bezeichnet sich selbst als das größte Opfer der seit mehr als einem Jahr laufenden Kinderporno-Affäre.

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Verden (dpa) - Sebastian Edathy bezeichnet sich selbst als das größte Opfer der seit mehr als einem Jahr laufenden Kinderporno-Affäre.

Ob Medien, Justiz oder seine eigene Partei SPD - bei allen Beteiligten reihen sich aus Edathys Sicht im Umgang mit seiner "Privatsache" Fehler an Fehler, in dem sie jegliches Maß, Sorgfalt und Objektivität vermissen lassen. Statt einer selbstkritischen Aufarbeitung oder gar Reue ob des Schicksals der Kinder hört man von ihm Anschuldigungen.

Was wird Edathy vorgeworfen?

Der 45-Jährige soll über das Internet Kinderpornos gekauft haben. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover hat er sich im November 2013 in sechs Fällen mit Hilfe seines Dienst-Laptops kinderpornografische Bild- und Videodateien eines russischen Anbieters heruntergeladen. Zudem soll er im Februar 2014 einen Bildband und eine CD besessen haben, deren Inhalt von der Staatsanwaltschaft als jugendpornografisch eingestuft wird.

Wie sind die Ermittler auf ihn aufmerksam geworden?

Edathy geriet ins Visier der Behörden, weil sein Name auf der Kundenliste einer kanadischen Firma stand, die unter anderem kinderpornografisches Material verbreitete.

Was sagt Edathy zu den Anschuldigungen?

Er streitet ab, verbotenes Material über den Bundestagsserver heruntergeladen zu haben. Zu den Fotos und Videos, die er bei einem kanadischen Anbieter gekauft hatte, sagte er im Dezember: "Es war sicherlich falsch, diese Filme zu bestellen, das will ich gerne einräumen. Aber es war legal." Zu den Vorwürfen in der Anklageschrift hat er sich noch nicht explizit öffentlich geäußert.

Warum wird das Verfahren nicht gegen eine Geldauflage eingestellt?

Theoretisch ist dies bis zum Ende der Hauptverhandlung möglich. Edathy selbst hatte im Dezember erklärt, ihm sei aufgrund der "psychischen Belastung" daran gelegen. Die Staatsanwaltschaft Hannover lehnte aber Anfang Januar eine Einstellung ab. Ihr fehlte eine Einlassung Edathys, sich illegales Bild- und Videomaterial von Kindern und Jugendlichen bestellt zu haben.

Welche Strafe droht ihm?

Laut Strafgesetzbuch eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Das Gericht wies aber bereits darauf hin, dass ein Strafmaß "eher im unteren Bereich" zu erwarten sei, weil es sich "um vergleichsweise wenige Taten mit einer noch begrenzten Anzahl an Zugriffen" handele.

Wo war Edathy in den vergangenen Monaten?

Nicht un Deutschland, der genaue Ort ist unbekannt. Im Frühjahr soll er zunächst in Skandinavien, dann im Mittelmeer-Raum gewesen sein und laut Medien zuletzt in Marokko.

Wovon lebt Edathy nach dem Verzicht auf sein Bundestagsmandat?

Wie jeder Ex-Abgeordnete hat er Anspruch auf Übergangsgeld. Noch bis Mai 2015 erhält er insgesamt 130 420 Euro.

Wie wird der Prozess ablaufen?

Das Gericht muss klären, ob die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise - Sicherungsdaten vom Server des Bundestages - die Vorwürfe bestätigen. Dazu muss die zuständige zweite große Strafkammer auch entscheiden, ob die Fotos und Videos verbotene Kinderpornos darstellen. Zudem muss Edathy nachgewiesen werden, ob nur er Zugriff auf den Computer hatte. Als Zeugen sind Computerexperten und Sachverständige ebenso geladen wie Ermittler des Landeskriminalamtes sowie ehemalige Mitarbeiter aus Edathys Umfeld.

Wie lange wird der Prozess dauern?

Das Gericht hat zunächst neun Termine bis Ende April angesetzt. Bislang wird nicht davon ausgegangen, dass das Verfahren länger dauern wird.

Welche Bedeutung hat der Prozess für die Politik?

Die SPD hofft, dass der Fokus nun wieder auf Edathy schwenkt. Zuletzt hatte die Affäre die gesamte Partei in Mitleidenschaft gezogen, da Edathy den Bundestagabgeordneten Michael Hartmann und den ehemaligen Präsidenten des Bundeskriminalamts, Jörg Zierke, bezichtigt hat, ihn mit vertraulichen Details über die Ermittlungen auf dem Laufenden gehalten zu haben. In diesem Kontext ist auch der Chef der SPD-Bundestagsfraktion Thomas Oppermann seit Monaten unter Druck.

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