Prozess in Hannover:Transsexueller will Brust-OP auf Kassenkosten

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Als Soldat trug er heimlich Damenunterwäsche, weil er sich als Frau fühlte. Nun entscheidet ein Gericht, ob die Krankenkasse die Brust-OP für einen Briten bezahlen muss.

Seit Jahren fühlt er sich als Frau, lebt aber im Körper eines Mannes: Im Nordirland-Einsatz trug der britische Soldat heimlich Damenunterwäsche, nach der Stationierung in Deutschland schlüpfte er unbeobachtet in Frauenkleidung - bis 2003 alles aufflog. Jetzt strebt der Transsexuelle eine Geschlechtsumwandlung an.

Ob die Krankenkasse die Brustoperation für den Briten, 51, bezahlen muss, beschäftigt seit Mittwoch das Sozialgericht Hannover. Zunächst soll ein Gutachter klären, ob der Eingriff rein kosmetischer Natur ist oder dazu dient, eine körperliche Entstellung zu beheben. Nur dann will die Kasse die rund 6000 Euro teure Operation bezahlen.

"Ich kann mit meinem Enkelkind nicht ins Schwimmbad, das Personal weiß nicht, in welche Umkleidekabine es mich schicken soll", klagt der ehemalige Soldat, der jahrelang mit einer Deutschen verheiratet war.

Kasse will Kläger entgegenkommen

Nach einer vor eineinhalb Jahren begonnen Hormonbehandlung nimmt er zwar deutlich weibliche Züge an - der Brustansatz wölbt sich allerdings unansehnlich zur Seite weg.

"Dass Menschen unter einer zu großen oder zu kleinen Brustform leiden, muss mit Mitteln der Psychiatrie behandelt werden", erklärte der Vertreter der beklagten Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), Wolfgang Ahrens, und verwies auf ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts.

Dennoch will die zunächst zahlungsunwillige Kasse dem Transsexuellen, der nach englischem Recht bereits einen Frauennamen angenommen hat, entgegenkommen: Der Medizinische Dienst werde den Kläger schon in den kommenden Tagen begutachten und die medizinische Notwendigkeit der Operation prüfen, kündigte Ahrens an. "Wenn jemand unter seinem Körper leidet, ist das kein Grund für eine Operation, ausschlaggebend ist die entstellende Wirkung."

"Die machen mein Leben zur Hölle"

Der Anwalt des Briten, Mark Hartmann, wertete dies positiv: "Da besteht eine echte Chance." Der nach langem Warten auf ein grünes Licht für die OP enttäuschte Kläger schimpfte in Tränen aufgelöst: "Die machen mein Leben zur Hölle, die wollen mich so lange wie möglich quälen."

Für die wesentlich teurere Unterleibsoperation, die schon in wenigen Tagen ansteht, werde die Kasse voraussichtlich zahlen, meinte Anwalt Hartmann. Die für die Geschlechtsumwandlung nötigen Voraussetzungen seien gegeben. Für die Brustoperation indes würden dieselben Maßstäbe angelegt wie für Frauen.

2004 hatte das Bundessozialgericht geurteilt, dass Frauen eine Brustvergrößerung oder -verkleinerung in aller Regel nicht auf Kassenkosten vornehmen lassen können. Erst wenn eine körperliche Anomalie eine entstellende Wirkung habe, käme unter Umständen eine Operation auf Kosten der Kasse in Betracht.

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