Prozess in Brüssel:Anklage fordert für arabische Prinzessinnen 18 Monate Haft

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Rechtsanwälte im Prozess gegen die acht arabischen Prinzessinnen in Brüssel (Foto: dpa)
  • Im Prozess gegen acht arabische Prinzessinnen in Brüssel hat die Anklage ihre Forderungen vorgetragen.
  • Sie verlangt jeweils 18 Monate Haft und eine Geldstrafe von insgesamt 1,9 Millionen Euro.

In Brüssel stehen acht arabische Prinzessinnen vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, in einem Brüsseler Luxushotel in den Jahren 2007 und 2008 mehr als 20 Frauen als Dienst- und Kindermädchen ausgebeutet und misshandelt zu haben.

Jetzt hat die Anklage vorgetragen, was sie sich für ein Urteil erhofft. Demnach fordert sie für die Witwe eines Scheichs und deren sieben Töchter jeweils 18 Monate Haft. Außerdem sollten die Angeklagten eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 1,9 Millionen Euro zahlen.

Den Aussagen der mutmaßlichen Opfer zufolge mussten die weiblichen Angestellten den Frauen ohne geregelte Arbeitszeit 24 Stunden zur Verfügung stehen, wurden erniedrigt, eingesperrt und als "Hündin", "Nutte" und "Kuh" beschimpft. Außerdem mussten die Bediensteten angeblich auf den Gängen des Hotels schlafen - obwohl die Prinzessinnen 54 Zimmer in dem Fünf-Sterne-Hotel "Conrad", das heute "Steigenberger" gemietet hat.

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Von Thomas Kirchner

Die mutmaßlichen Taten kamen ans Licht, weil eine der Bediensteten fliehen konnte, sich zunächst versteckt hielt und sich dann einem Anwalt anvertraute. 40 Polizisten stürmten schließlich den vierten Stock des Hotels und befreiten 17 weitere Angestellte.

Die Verteidigung fordert Freisprüche für die Prinzessinnen

Die Verteidiger verlangten Freisprüche für ihre Mandantinnen, die selbst nicht zu dem Prozess erschienen waren. Sie argumentierten, das Unternehmen "Private Department" habe die Arbeitsverträge mit den Betroffenen abgeschlossen und sei deshalb auch rechtlich für deren Behandlung verantwortlich. Anwälte der Nebenklage hatten zum Prozessauftakt allerdings dargelegt, dass Mitglieder der Scheichfamilie - unter ihnen die Angeklagten - als Eigner eben dieses Unternehmens eingetragen seien.

Die Verteidiger der Prinzessinnen warfen einigen Beschäftigten zudem vor, die Ereignisse weit übertrieben dargestellt zu haben. Die Köchinnen, Dienst- und Kindermädchen hatten nach Darstellung der Nebenklage rund um die Uhr und ohne freien Tag die Wünsche der Prinzessinnen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten erfüllen müssen. Sie hätten die auf Jahresbasis angemietete vierte Etage des Luxushotels nicht verlassen dürfen, hätten während ihres Aufenthalts in Brüssel keinen Lohn bekommen und ihre Pässe abgeben müssen.

Da die Frauen aus unterschiedlichen Ländern kommen - unter anderem Marokko, Indien, Tunesien und Ägypten - sollen sich die aus ärmsten Verhältnissen stammenden Opfer kaum verständigt haben können. Ihre Anwälte fordern unter anderem 2500 Euro Schadensersatz für jede Frau - plus eine Nachzahlung für das angeblich nicht gezahlte Gehalt.

Die Hotelleitung sagte aus, von den Vorkommnissen nichts mitbekommen haben zu wollen: Gegen sie wird nicht ermittelt. Die angeklagten Frauen waren nach einem Shopping-Sommer gleich wieder in ihre Heimat geflogen und sind beim Prozess in Brüssel nicht anwesend. Von Seiten der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate wurde offenbar mächtig Druck ausgeübt, das Verfahren einzustellen. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

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