Zwangsverheiratet, unterdrückt und vollverschleiert - das ist das Bild, das immer noch viele im Westen vor Augen haben, wenn sie an arabische Frauen denken. Tatsächlich gibt es in der arabischen Welt noch immer arrangierte Ehen - auch diese aber werden heute, wenn sie nicht glücklich sind, viel schneller wieder gelöst als noch vor wenigen Jahren.
Farah ist 29 Jahre alt. Sie lebt in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, hat eine neunjährige Tochter - und ist geschieden. Sie trägt ihre langen schwarzen Haare offen, die Finger rot lackiert. Selbstbewusst und offen für die nächste Beziehung - Farah hat sich für die Freiheit entschieden. Die Frauen in Abu Dhabi sind durchaus modern, bestehen selbstbewusst auf ihre Rechte - und boxen auch die Scheidung durch, obwohl das für sie ungleich schwerer ist als für die Männer.
Bei Farah zum Beispiel war es keine Liebesheirat, die Eltern hatten die Ehe eingefädelt. Sie war Jungfrau vor der Ehe, von Sex hatte sie keine Ahnung. Ihre Eltern hatten sie nicht aufgeklärt. "Ich war jung und kannte meinen Körper nicht. Eigentlich kannte ich mich nicht." Mit 17 war Farah verheiratet. Mit 19 war sie geschieden.
In Ägypten etwa, dem bevölkerungsreichsten arabischen Land, enden mittlerweile 40 Prozent der Ehen sogar schon in den ersten fünf Jahren. Vor fünfzig Jahren waren es im gleichen Zeitraum nur sechs Prozent - eine Entwicklung, die sogar die Politik bewegt: Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi forderte kürzlich, die Hürden für eine Scheidung höher zu setzen.
Solche Scheidungsraten verblüffen - weil sie Klischees widesprechen. Sogar im islamisch ultrakonservativen Saudi-Arabien werden mittlerweile 30 Prozent der Ehen geschieden. Das ist natürlich umso wichtiger, als viele Ehen nach wie vor von den Eltern arrangiert werden.
Was geschieht, wenn Menschen ein gemeinsames Leben beginnen, die sich eigentlich gar nicht kennen - das ist unschwer vorstellbar. Traditionelle Geschlechterbilder stoßen auf moderne, aufgeklärte Vorstellungen. Aber sich einzugestehen, dass da etwas zusammengekommen ist, das nicht zusammenpasst, ist das eine. Das andere ist, wie Ehen in arabischen Ländern getrennt werden und welche Hindernisse dabei überwunden werden müssen.
Lesen Sie die Hintergründe in Dunja Ramadans großer Reportage "Muslima, jung, geschieden" mit SZ Plus :