Kirchheim unter Teck:Wo Polizisten ihr Herz ausschütten können: Seelsorge

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Kirchheim unter Teck (dpa/lsw) - Mangelnde Wertschätzung ist für Polizisten aus Sicht der Polizeiseelsorge eine der schmerzlichsten Erfahrungen im Berufsleben. "Da geht es nicht nur um den Respekt des einzelnen Bürgers gegenüber den Beamten, sondern auch um eine überwiegend kritische Haltung von Gesellschaft, Medien und Politik", sagte der Polizeidekan der Diözese Rottenburg-Stuttgart Georg Hug der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

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Kirchheim unter Teck (dpa/lsw) - Mangelnde Wertschätzung ist für Polizisten aus Sicht der Polizeiseelsorge eine der schmerzlichsten Erfahrungen im Berufsleben. „Da geht es nicht nur um den Respekt des einzelnen Bürgers gegenüber den Beamten, sondern auch um eine überwiegend kritische Haltung von Gesellschaft, Medien und Politik“, sagte der Polizeidekan der Diözese Rottenburg-Stuttgart Georg Hug der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.

Die Medien tendierten dazu, Polizeieinsätze voreingenommen zu bewerten, kritisierte der Seelsorger aus Kirchheim unter Teck. „Gelungene Einsätze sind in den Medien hingegen Mangelware.“ Der Diakon führt 40 bis 50 Gespräche unter vier Augen pro Jahr. Er ist einer von 130 katholischen Polizeiseelsorgern bundesweit, die evangelische Seite bietet 100 auf. Beide Kirchen offerieren sei Jahrzehnten Polizisten den Service, sich um ihre Nöte und Ängste zu kümmern. Im Südwesten sind es sechs katholische und zehn evangelische Seelsorger.

Ralf Kusterer, Landeschef der Deutschen Polizei-Gewerkschaft, schätzt das Angebot sehr. „Das ist eine ganz tolle Geschichte.“ Die Seelsorge habe einen festen Platz in der Betreuung der Kollegen in Zeiten hohen Arbeitspensums und zunehmender Gewalt gegen Beamte. Sie könnten sich den Kirchenmännern und -frauen anvertrauen ohne Angst vor beruflichen Konsequenzen.

Für traumatisierte Polizisten - darunter Beamte, die ihre Waffe gebrauchen mussten oder selbst verletzt wurden - gebe es von beiden Kirchen unter anderem gemeinsame Segelboottouren. Beim Projekt „Haltestelle“ sorgen die Kirchen für eine vorübergehende Aufnahme in Klöstern.

Nach Worten von Hug beklagen viele Beamten eine aus ihrer Sicht nicht nachvollziehbare Milde der Justiz gegenüber Verbrechern. „Sie haben schon daran zu knabbern, wenn sie immer wieder den gleichen Täter dingfest machen und dieser immer wieder mit einer Bewährung davonkommt.“

Nicht selten seien Polizisten mit Gewalt, Aggression und Tod konfrontiert. Hinzu komme die Gefahr, verletzt oder getötet zu werden, sagte Hug. Da falle es manchem schwer, seine Ideale hochzuhalten. „Viele müssen lernen, dass diese nicht zu 100 Prozent umsetzbar sind.“

Weitere vordringliche Themen sind für die Hilfesuchenden die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ebenso Probleme mit den Hierarchien in der Polizei, die manchem das Gefühl vermittelten, es gehe allein um das Gehorchen. „Heute ist aber eher das Mitdenken und nicht so sehr das Gehorchen wichtig“, hält Hug dagegen. Als Ärgernis empfänden die Beamten auch Personalengpässe, die die Arbeitsbelastung unzumutbar erhöhten. „Man weiß doch, wann die Kollegen in Pension gehen - plant aber nicht entsprechend“, findet auch der Seelsorger. Personalpolitik nach Kassenlage sei auch kein Zeichen großer Wertschätzung.

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