Polizei-Ausstattung:Ministerium rechnet mit höheren Kosten für Bodycams

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Eine Polizeimeisterin ist mit einer mobilen Körperkamera auf Streife. (Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa)

Wenn Thüringer Polizisten in Zukunft eine kleine, an der Uniform befestigte Kamera tragen und sie ihre Dienstwaffen ziehen, soll die Kamera automatisch mit dem Aufzeichnen beginnen. Die Linken drängen darauf, endlich die Technik dafür zu beschaffen.

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Erfurt (dpa/th) - Das Vorhaben, Thüringer Polizisten mit sogenannten Bodycams auszurüsten, wird nach Einschätzung des Innenministeriums teurer als bislang geplant. Ein Grund dafür sei die Vorgabe, dass diese kleinen Kameras automatisch mit einer Aufzeichnung beginnen sollen, wenn ein Polizist seine Dienstwaffe zieht, sagte ein Ministeriumssprecher. Die entsprechenden Sensoren und IT-Systeme anzuschaffen, erhöhe den Finanzbedarf deutlich. Es sei für die Anschaffung der Technik insgesamt wohl eine Summe im siebenstelligen Bereich nötig. Bis vor Kurzem habe die Kostenschätzung noch bei einer Summe im mittleren sechsstelligen Bereich gelegen, hieß es.

Die erwartete Kostensteigerung sei auch ein Grund dafür, dass mit der Beschaffung dieser Technik noch nicht begonnen worden sei, sagte der Sprecher. „Werden diese Mittel durch den Haushaltsgesetzgeber gewährt, ist eine Ausschreibung im Jahr 2024 vorgesehen.“ Die Thüringer Linken drängen dagegen darauf, die Beschaffung dieser Technik so schnell wie möglich zu beginnen.

Nach einem Kompromiss der rot-rot-grünen Regierungsfraktionen und der CDU-Landtagsfraktion zur Novellierung des Thüringer Polizeiaufgabengesetzes 2022 sollen Polizisten zwar flächendeckend mit Bodycams ausgerüstet werden. Das hatte die Union seit Langem gefordert. Allerdings hat die Mehrheit der Abgeordneten auf Drängen von Rot-Rot-Grün damals auch beschlossen, dass sich die Bodycams ab dem 31. Dezember 2024 automatisch einschalten sollen, wenn Polizisten ihre Dienstpistolen aus dem Holster ziehen.

Bodycams sind kleine Kameras, die Polizisten an ihrer Uniform tragen. Mit ihnen kann in Bild und Ton das aufgezeichnet werden, was vor den Beamten passiert. Über den Einsatz dieser Technik wird in Thüringen seit Jahren diskutiert. Befürworter argumentieren unter anderem, die Kameras hätten eine deeskalierende Wirkung auf Menschen, die sonst aggressiv gegenüber Polizisten aufträten. Kritiker bemängeln, dass nach den Vorgaben des Polizeiaufgabengesetzes die Polizisten bislang selbst darüber entscheiden, wann sie die Geräte einschalten und wann nicht - auf diese Problematik hebt der Thüringer Kompromiss ab.

Der Sprecher des Innenministeriums sagte, mit einem solchen Bodycam-System, wie es infolge des politischen Kompromisses in Thüringen nun eingeführt werden solle, gebe es bundesweit keine Vorerfahrungen. Das mache die Konzipierung einer Ausschreibung komplex. Nötig sei daher zunächst ein Markterkundungsverfahren, mit dem sich das Ministerium einen Überblick darüber verschaffen wolle, welche System überhaupt verfügbar seien und was die Technik jeweils könne. „Ziel der Maßnahmen ist es, eine erfolgversprechende Ausschreibung zu einem Gesamtsystem zu erarbeiten.“

Der innenpolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Sascha Bilay, dagegen drängt auf eine zügige Ausschreibung. Es sei nicht mehr allzu viel Zeit bis Ende 2024, sagte er. Ohnehin müssten Parlamentsbeschlüsse für das Haus von Innenminister Georg Maier (SPD) bindend sein und schnell umgesetzt werden. „Deshalb müsste man die Ausschreibung jetzt scharf schalten“, sagte Bilay.

Nach eigenen Angaben hatte Bilay selbst erst kürzlich mit einem Hersteller von Bodycam-Technik Kontakt. Nicht nur von diesem Hersteller gebe es bereits marktreife Lösungen, mit denen Bodycams erkennen könnten, wann ein Polizist seine Waffe zieht. Dazu werde auf das Holster der Waffe ein Sensor geschraubt, der mittels Bluetooth mit der Bodycam kommuniziere. „Das dauert fünf Minuten, wenn Sie den passenden Schraubenzieher haben.“

Bilay verwies auch darauf, dass neben diesem Hersteller während eines Anhörungsverfahrens im Landtag zum Thema mindestens drei weitere Unternehmen erklärt hatten, sie könnten die Technik zur automatisierten Auslösung von Bodycams bereitstellen. Aus seiner Sicht sei das Argument des Ministeriums, es müsse zunächst ein umfassendes Markterkundungsverfahren zur Beschaffung von Bodycams und der dazugehörigen Technik geben, vorgeschoben, sagte Bilay. „Ich vermute, es ist zum Teil eher Unwillen.“

© dpa-infocom, dpa:230730-99-606124/2

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