Sternschnuppen:Schöner Schrott am Himmel

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Wünsch dir was! Am Wochenende werden einige Dutzend Sternschnuppen pro Stunde am Nachthimmel aufblitzen. So viele wie auf diesem Archivbild aus der kanadischen Provinz Alberta werden es aber nicht sein: Es handelt sich um eine Montage, es wurden Aufnahmen aus mehr als drei Stunden zusammengefügt. (Foto: Alan Dyer/AP/Stocktrek Images)

In der Nacht auf den 13. August erreichen die Perseiden ihren Höhepunkt. So kann man den Sternschnuppen-Schauer am besten beobachten.

Von Helmut Hornung

Auch ein Haufen Schrott kann das Auge verzücken. Vorausgesetzt, es handelt sich um natürlichen Weltraumschrott. Dieser Tage ist jede Menge kosmischer Müll am Himmel zu erspähen, denn um den 12. August herum erreichen die Perseiden ihren Höhepunkt. Einige Dutzend dieser Sternschnuppen werden dann stündlich über das Firmament flitzen. Hinter den Leuchtspuren stecken Staubkörnchen, die vom Kometen 109P/Swift-Tuttle stammen. Aufgestöbert haben ihn im Sommer 1862 unabhängig voneinander die US-Astronomen Lewis Swift und Horace Parnell Tuttle. Der Komet wurde schließlich so hell wie der Polarstern, und sein 60 Vollmonddurchmesser langer Schweif zog die Blicke auf sich. Danach verschwand er in den Tiefen des Weltalls und wurde erst 1992 von einem japanischen Hobby-Sterngucker wiederentdeckt.

Auf seiner Bahn umläuft Swift-Tuttle die Sonne und kommt ihr alle 133 Jahre besonders nahe. Dabei erwärmt sich der tiefgefrorene Kern des Kometen aus Eis, Gasen, Staub und porösem Gestein. Winzige Teilchen splittern von ihm ab und bilden eine Art Sandbahn. Jedes Mal, wenn die Erde bei ihrer jährlichen Umrundung der Sonne durch sie hindurchrast, löst das ein mehr oder weniger heftiges Bombardement der Brösel aus. Ein solcher winziger Meteoroid dringt mit einem Tempo von 216 000 Kilometern pro Stunde in die Atmosphäre ein und erzeugt durch die Reibung an den Luftpartikeln in ungefähr 80 Kilometern Höhe einen Plasmakanal. "Darin laufen atomare Prozesse ab, ein Meteor blitzt auf", sagt Marco Sproviero von der Beobachtergruppe am Deutschen Museum. Nur die größeren Brocken überleben den Ritt durch die Atmosphäre und erreichen den Boden, wo sie gelegentlich als Meteoriten gefunden werden. Jährlich gut 5000 Tonnen kosmisches Material gelangen auf diese Weise auf die Erde.

Um das Naturschauspiel der Perseiden am kommenden Wochenende mit eigenen Augen zu sehen, hat Sproviero ein paar Tipps parat. "Die beste Zeit ist die Nacht auf den 13. August", sagt er. Dafür sollte man sich einen dunklen Platz mit möglichst wenig Streulicht und guter Sicht bis zum Horizont suchen. Die Perseiden scheinen zwar alle aus dem Sternbild Perseus zu kommen - ein perspektivischer Effekt, der durch die Bewegung der Erde entsteht -, zeigen sich jedoch am gesamten Himmel. Außerdem sollte man Isomatte und warme Getränke dabei haben. Laut Sproviero sind die Bedingungen in diesem Jahr besonders günstig, denn die schmale Sichel des abnehmenden Mondes geht erst gegen Morgen auf und sein Licht stört nicht weiter. Wenn auch noch das Wetter mitspielt, steht dem kosmischen Feuerwerk nichts im Weg - und man muss auch keine Angst haben, dass einem der Himmel auf den Kopf fällt.

Beinahe-Kollision der Erde mit einem Asteroiden

Am 13. Juli war das anders, wie erst verspätet bekannt geworden ist. Da war es knapp. Ein etwa 40 Meter großer Asteroid raste an der Erde vorbei. Er kam aus Richtung der strahlend hellen Sonne und konnte daher von irdischen Teleskopen nicht aufgespürt werden. Erst zwei Tage später erspähte ein Fernrohr in Südafrika den Brocken. Berechnungen zeigen, dass das Rendezvous im All gefährlich war: Der "2023 NT1" genannte Himmelskörper hatte unseren Planeten im Abstand von einhunderttausend Kilometern passiert, ungefähr einem Viertel der Entfernung zum Mond. Was im menschlichen Maßstab als beruhigend viel erscheint, ist astronomisch betrachtet gerade mal eine Haaresbreite.

Wäre die Flugbahn des Asteroiden nur um ein paar Zehntausend Kilometer abweichend verlaufen, hätte es zu einer Kollision kommen können und schlimmstenfalls zu einer Explosion über bewohntem Gebiet. Die Druckwelle hätte in einer Großstadt erheblichen Schaden angerichtet. Welche Folgen so ein kosmischer Crash haben kann, wurde vor zehn Jahren deutlich. Damals zerbarst ein 20-Meter-Asteroid nahe der russischen Stadt Tscheljabinsk. Gebäude wurden beschädigt, 1500 Menschen verletzt.

Um solche Gefahren frühzeitig zu erkennen und besser einzuschätzen, durchforsten Forscher wie Detlef Koschny den Weltraum mit automatisierten Beobachtungsprogrammen. "Bisher kennen wir nur ein halbes Prozent der potenziell gefährlichen Objekte zwischen 30 und 100 Metern Durchmesser", sagt der Wissenschaftler an der TU München. Koschny und seine Kollegen schätzen die Gesamtzahl dieser Himmelskörper auf ungefähr zwei Millionen. Um die Entdeckungsquote zu erhöhen, arbeitet die europäische Raumfahrtagentur Esa derzeit am Unternehmen "Fliegenauge": Das Teleskop Flyeye mit extremer Weitwinkeloptik und 16 Kameras soll in ein paar Jahren vom Gipfel des Monte Mufara auf Sizilien aus vagabundierende Trümmer ab einer Größe von 40 Metern entdecken. Weitere ähnliche Observatorien rund um die Welt sind in Planung.

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