Kurz vor den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang verstanden Südkoreas Eishockeyspielerinnen plötzlich die Welt nicht mehr, aber es half ja nichts, sie hatten keine Wahl. Zusätzlich ungünstig war allerdings, dass sie auch ihre Mitspielerinnen nicht verstanden. Vier Jahre hatten die Südkoreanerinnen sich auf das Turnier vorbereitet, doch dann bestimmte die Politik, die beiden Koreas sollten als Signal der Entspannung eine gemeinsame Frauenmannschaft bilden. Zwölf Südkoreanerinnen wurden also nach Hause geschickt, für sie rückten zwölf Nordkoreanerinnen ins Team.
Doch die Nordkoreanerinnen nannten einen Pass nicht "paesu" wie die Südkoreanerinnen, die das Lehnwort aus dem Englischen gebrauchen, sondern "yeollak", eigentlich "Kommunikation". Und eine Flügelspielerin ist im Norden kein "wing" wie im Süden, sondern ein "nalgaesu", ganz wörtlich "Flügelspieler". Es war alles sehr verwirrend. Die Spielerinnen aus Nordkorea ihrerseits verstanden kein "Konglish", wie man Südkoreas Lehnwörter aus dem Englischen nennt.
Heute deckt sich der Alltagswortschatz nur noch zu einem Drittel
Vor der Teilung Koreas sprachen beide Teile die gleiche Sprache, seit 1910 allerdings lediglich privat. Die japanische Kolonialmacht verbot den Gebrauch des Koreanischen ab der Mittelschule. Heute deckt sich der Alltagswortschatz nur noch zu einem Drittel. Das erklärt sich einerseits damit, dass die Koreaner regionale Dialekte sprechen; vor allem aber mit den politischen System und dem amerikanischen Einfluss. In Nordkorea gehen junge Leute nie auf ein "date" wie im Süden, sondern wörtlich "spazieren".
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Koreanisch schreibt man in Hangul, so nennt man die Schrift, die König Sejong 1443 erfand. Eigentlich: erfinden ließ. Aber die Koreaner ziehen die Interpretation vor, der größte König ihrer Geschichte, ein Aufklärer, habe ihr phonetisches Silbenalphabet, dessen Zeichen sich aus zwei bis drei Elementen zusammensetzen, persönlich ausgearbeitet. Hangul gilt als die logischste Schrift überhaupt, die Koreaner sind sehr stolz darauf, obwohl ihre Elite bis ins 20. Jahrhundert in Hanja schrieb. So nennt man die aufs Koreanische adaptierten chinesischen Schriftzeichen, die nur noch für Namen verwendet werden.
Diese Woche ehrten die Koreaner das Alphabet ihres Königs wie jedes Jahr mit dem Hangul-Tag - im Süden. Der Norden nennt die gleiche Schrift Chosongul und feiert sie erst am 15. Januar. Beides bedeutet "koreanische Schrift", aber genau genommen sind Hangul und Chosongul freilich nur noch fast gleiche Schrift. Wie das Vokabular haben sich auch die Schriften von einander wegentwickelt.
Es wäre ein bemerkenswerter Akt der Annäherung
Nun also rief Südkoreas Premier Lee Nak-yeon die beiden Staaten auf, sie sollten ihre Arbeit an einem gemeinsamen Wörterbuch wieder aufnehmen, damit Nordkoreaner und Südkoreaner sich verstehen. Das Projekt, das 300 000 Wörter umfassen soll, wurde im Jahre 2005 begonnen, aber vor zwei Jahren wegen der Atomtests Nordkoreas gestoppt. Es wäre ein durchaus bemerkenswerter Akt der Annäherung - und sehr hilfreich für all jene, die das Sprachwirrwarr selbst erleben, so wie damals die Eishockeyfrauen.
Gleich nach ihrem ersten gemeinsamen Training im Februar haben die Spielerinnen sich zusammengesetzt und eine dreiseitige Liste der Eishockeywörter auf Südkoreanisch, Englisch und Nordkoreanisch erstellt, ihre Trainerin stammte aus Kanada. Das trug mehr zur innerkoreanischen Verständigung bei als jeder "syut" (Schuss) aufs Tor, wie man im Süden sagt. Im Norden übrigens heißt das "cheoneoki", also "reinwerfen" oder "treffen".