SZ-Kolumne "Mitten in ...":Auf dem Klo und anderswo

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(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Der SZ-Korrespondent für Südkorea verliert in Seoul seine Kreditkarte und begibt sich auf die Suche - auch an den abwegigsten Orten. Drei Anekdoten aus aller Welt.

Mitten in ... Seoul

Am Abend war dann die Kreditkarte weg. Verloren, kein Zweifel. Aber wo? Quälendes Nachdenken ergab zwei mögliche Orte des Missgeschicks. Die S-Bahn. Oder den Coffeeshop. Die S-Bahn war natürlich weg, also erst mal zurück zum Coffeeshop. Das Personal forschte nach. Ohne Erfolg. Das Fundbüro des Bahnhofs wusste auch nichts, und es war schon spät. In Südkorea nimmt niemand einfach so eine Kreditkarte mit, das gebietet der nationale Anstand, das weiß man als erfahrener Schussel. Deshalb war es kein Risiko, die Karte nicht gleich sperren zu lassen und tags darauf noch mal die Coffeeshop-Leute zu nerven. Wieder nichts. Was tun? Eine Idee gab es noch. Aber die war abwegig, völlig idiotisch sogar, denn wer geht schon mit seiner Kreditkarte zum ... Und dann war es tatsächlich so: Die Karte lag unversehrt im Männerklo auf der Ablage über dem Pissoir. Thomas Hahn

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Berlin

Die deutsche Hauptstadt ist nicht gerade dafür bekannt, dass man sich auf der Straße nach Prominenten umdreht. Es wirkt daher recht unterhaltsam, als Christoph Waltz am S-Bahnhof Savignyplatz zu Fuß um die Ecke biegt. Der Hollywoodstar trägt eine Kombination aus Kamelfarben und einem Orangeton, sein Look fällt auf. Ein anderer Mann, groß, Bauchansatz, kauend, erblickt Waltz ebenfalls, bleibt stehen und dreht sich ganz unberlinerisch nach ihm um. Dann fällt dem Mann buchstäblich die Kinnlade runter - und ein Rest des Essens aus dem Mund. Unbeholfen versucht er, Teile davon mit der linken Hand aufzufangen. Es gelingt ihm nicht. Platsch. Platsch. Platsch. Sein Blick fragt, als er meinen trifft: "War das wirklich der Typ aus ,Inglourious Basterds?'" Als ich ihm zunicke und signalisiere "Ja, er war's", müssen wir beide lachen. Sina Kampe

(Illustration: Marc Herold) (Foto: Marc Herold)

Mitten in ... Kopenhagen

Die "Kleine Meerjungfrau" werde unter den europäischen Touristenattraktionen regelmäßig zur enttäuschendsten gewählt, hatte die Fremdenführerin am Vortag gewarnt. Aber ohne Meerjungfrau ist kein Kopenhagen-Besuch vollständig, also hin zur Langelinie, in Regen und Wind. Ein wenig verloren sitzt die Bronzeplastik in einem bleigrau plätschernden Hafenbecken. Der Blick schweift nach unten, zum Geländer der Uferpromenade, auf dem Besucher sich mit Aufklebern verewigt haben. Von einem der Sticker blickt zurück: Fernsehmoderator Heinz Schenk. Er verspricht: "Heut gibt's Brüh, Freunde!" Diese inkongruente Verschmelzung von Kunstmärchen-Melancholie und Äbbelwoi-Jovialität vertreibt jede Enttäuschung. Hätte Hans Christian Andersen doch den "Blauen Bock" erlebt. Seine Geschichten wären ihm vielleicht feucht-fröhlicher geraten. Alexander Menden

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