Als die Wärter des städtischen Museums für Moderne Kunst in Paris am Morgen des 20. Mai 2010 kurz vor der Öffnung noch einmal einen Kontrollgang durch die Räume machten, bemerkten sie die leeren Plätze an den Wänden. Fünf Gemälde fehlten - unter anderem Werke der bekannten Künstler Henri Matisse, Picasso und George Braque. Kunst im Wert von etwa 100 Millionen Euro war über Nacht aus dem Museum gestohlen worden. Der Dieb war über eine eingeschlagene Fensterscheibe ins Museum geklettert - das zeigten die Aufnahmen aus den Überwachungskameras.
Sieben Jahre später fehlt von den fünf Gemälden noch immer jede Spur. Dafür gibt es drei Verdächtige, die sich in einem Prozess in Paris derzeit für einen der spektakulärsten Kunstdiebstähle der vergangenen Jahre verantworten müssen. Der mutmaßliche Haupttäter Verjan Tomic, genannt "Spider-Man", soll in der Nacht im Mai 2010 ins Museum geklettert sein und die fünf Gemälde gestohlen haben. Die beiden Mitangeklagten Yonathan Birn und Jean-Michel Corvez werden der Hehlerei beschuldigt.
In dem Prozess soll vor allem auch der Verbleib der fünf Bilder geklärt werden. Eine mögliche, aber abenteuerliche Erklärung lieferte bislang nur Yonathan Birn: "Ich habe sie in den Müll geworfen", wiederholte er drei Mal unter Tränen, berichtet der Guardian. Dem Bericht zufolge glauben ihm aber weder das Gericht noch die Mitangeklagten. Er sei zu klug, um die Kunstwerke zu zerstören, sagten die Komplizen aus. Die Ermittler gehen stattdessen davon aus, dass Birn die Bilder ins Ausland gebracht habe.
"Spider-Man" Tomic, der als Fassadenkletterer bekannt ist, hat bislang ausgesagt, er sei vom Antiquitätenhändler Jean-Michel Corvez beauftragt worden, ein Bild von Fernand Léger und vielleicht noch eins von Modigliani zu stehlen. Als er die Werke von Picasso, Matisse und Braque gesehen habe, entschied er, sie auch noch mitzunehmen, berichtet der Guardian. Doch Corvez, der bereits zugegeben hat, dass er mit gestohlenen Werken handelt, war die Ware offenbar zu heiß. Er nahm dem "Spider-Man" lediglich das Léger-Bild für 40 000 Euro ab. Für die anderen Werke, so seine Befürchtung, würde er keine Abnehmer finden. Sie seien zu berühmt.
Der 40-jährige Luxusuhren-Verkäufer Birn sagte vor Gericht, er habe den Modigliani für 80 000 Euro gekauft und die anderen Bilder in seinem Laden aufbewahrt. Während der Polizeiermittlungen sei er panisch geworden. Darum habe er die Bilder zerstört, gab er vor Gericht an.
Dem Hauptangeklagten Vjeran Tomic drohen bis zu 20 Jahre Gefängnis, seine mutmaßlichen Mittätern Yonathan Birn und Jean-Michel Corvez jeweils bis zu 10 Jahre.