"Coronation Chicken" ist aus heutiger Sicht nicht besonders raffiniert. Es handelt sich um einen Fleischsalat aus kaltem Huhn in einer Mayonnaise-Sahnesoße mit Rosinen, die durch Zugabe von Currypulver verfeinert wird. Aber 1953 umwehte das "Krönungshühnchen" wohl ein Hauch von Exotik und großer weiter Welt, vor allem wegen der indischen Gewürzmischung. In jenem Jahr erfanden die Autorin Constance Spry und die in Paris ausgebildete Köchin Rosemary Hume das Gericht anlässlich der Krönung Elizabeths II. Das Curry sollte die Verbundenheit des Commonwealth mit dem "Mutterland" Großbritannien signalisieren. Es wurde den Gästen des Krönungsbanketts serviert und ist bis heute einer der beliebtesten britischen Sandwichbeläge.
Das "Coronation Chicken" war vermutlich vom "Jubilee Chicken" inspiriert, einem Gericht, das anlässlich des Silberjubiläums von König George V. im Jahr 1935 erdacht worden war. Es setzte eine britische Tradition fort, die im 19. Jahrhundert mit Rezepten begonnen hatte, welche in irgendeiner Weise mit der königlichen Familie in Verbindung standen. So soll der heute als "Victoria Sponge" bekannte Kuchen die Lieblingsspeise von Königin Victoria gewesen sein - auch er keine komplizierte Delikatesse: zwei Lagen Biskuit, die obere mit Puderzucker bestäubt, dazwischen eine Schicht Marmelade. Genau die richtige Kalorienbombe für eine Herrscherin, die schon als Kind immer wieder dafür gerügt wurde, gerne, viel und sehr schnell zu essen. Vor allem anlässlich royaler Feierlichkeiten werden seither Rezepte veröffentlicht - manche davon offiziell, andere als eine Art Hommage an die Windsors.
Einfache und verfügbare Zutaten
Rechtzeitig zur Krönung von Charles III. am 6. Mai hat jetzt die königliche Familie selbst ein Rezept herausgegeben, das als Lunch-Menüvorschlag für den Krönungstag gedacht ist: Die sogenannte "Coronation Quiche" hat laut der Website royal.uk "einen knusprigen, leichten Teigmantel und delikate Aromen von Spinat, Ackerbohnen und frischem Estragon". Das Rezept stammt vom königlichen Koch Mark Flanagan und wurde angeblich von Ihren Majestäten Charles und Camilla, Queen Consort, höchstpersönlich ausgewählt. Es soll einfach zuzubereiten und preisgünstig sein. Die Quiche besteht, ganz traditionell, aus Eiern und Schmalz, Butter und Salz, Milch und Mehl. Hinzu kommen ein paar Zutaten wie Cheddar-Käse und Sahne sowie das bereits erwähnte Grünzeug.
Als Prince of Wales war Charles unter anderem dafür bekannt, den Anbau von Bio-Gemüse sehr zu fördern und auf seinen ausgedehnten Ländereien auch selbst zu betreiben. Viele der Zutaten kann man sich praktischerweise nach Wunsch auch bei der von ihm gegründeten Firma Duchy Organic besorgen. Als Sandwichfüllung taugt es eher nicht. Doch vielleicht kann man die Wahl eines französischen Gebäcks, das aus dem lothringischen Grenzgebiet zu Deutschland stammt, als versöhnliche Geste des - dem Brexit nicht eben wohlgesonnenen - Königs in Richtung der kontinentalen Partner verstehen. Der Serviervorschlag lautet: "Heiß oder kalt mit grünem Salat und gekochten neuen Kartoffeln genießen - perfekt für ein Krönungsessen!" Gedacht ist es als Hauptgericht für die als "Big Lunch" angekündigten landesweiten Straßenfeiern zur Krönung.
Als Nachtisch könnte man Victoria Sponge reichen - oder "Platinum Pudding". Dieser wurde 2022 anlässlich des Platin-Thronjubiläums von Elizabeth II. in einem Wettbewerb ermittelt. Das Siegerrezept stammt von Jemma Melvin aus Southport und heißt "Jemma's lemon Swiss roll and Amaretti trifle". Grundlage ist, ganz im Geiste von Charles Ur-ur-ur-Großmutter Victoria: Biskuitteig.