Kristina Schröders Vorlesetechnik:"Hei hopp, was wird das für ein Leben!"

Pippi Langstrumpf ist die Tochter eines "Negerkönigs" - allerdings nicht, wenn es nach Familienministerin Schröder geht. (Foto: Szenenfoto/dpa)

Sie ist zwar erst anderthalb, aber Lotte, die Tochter von Familienministerin Kristina Schröder, soll ein ganz modernes Mädchen werden. Positive Rollenbilder sucht die Mutter daher anderswo als bei den Gebrüdern Grimm - und bei Pippi Langstrumpf nur nach Übersetzung.

Von Marc Felix Serrao

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ist eine moderne Frau, und das soll ihre Tochter Lotte auch mal werden. Die ist zwar erst anderthalb, aber da die frühe Prägung ja besonders wichtig ist, gilt es, jedes Wort abzuwägen, das in die kleinen Ohren dringt. "Negerkönig" etwa. Den Titel trägt der Vater von Pippi Langstumpf. Aber nicht bei Schröders zu Hause: Wenn da beim Vorlesen das Wort "Negerkönig" falle, dann werde sie "synchron übersetzen, um mein Kind davor zu bewahren, solche Ausdrücke zu übernehmen", sagte die Ministerin der Zeit.

Nun könnte man darauf hinweisen, dass der Begriff "Neger" bei Astrid Lindgren nichts mit rassistischer Herabsetzung zu tun hat, ganz im Gegenteil: "Mein Vater ist ein Negerkönig. Irgendwann kommt er und holt mich, und dann werde ich eine Negerprinzessin. Hei hopp, was wird das für ein Leben!"

Aber Politiker haben viel zu tun, die können nicht alles verstehen, worüber sie reden. Das gilt sogar für die Klassiker. Grimms Märchen sieht Schröder ebenfalls kritisch. Denn: "Da gibt es selten eine positive Frauenfigur." Jetzt könnte man mit Funny van Dannen antworten, dass es in der Literatur wie im Leben nun mal deutlich mehr negative Figuren, Frauen wie Männer, gibt und sogar "lesbische schwarze Behinderte" ätzend sein können.

Oder man greift einfach zu den Grimms. Und liest. Über das Sterntalermädchen, das Armen hilft. Und Gretel, die den Hans rettet. Oder den Wolf, der Rotkäppchen, ja, frisst. Aber in was? In Frauenkleidern! Das Monster muss, damit man ihm traut, weiblich wirken. Wenn das nicht modern ist.

© SZ vom 19.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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