Schwieberdingen:Missbrauch in der Kita: Verdächtiger Azubi fiel nicht auf

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Schwieberdingen (dpa/lsw) - Ein 20-Jähriger Azubi soll in einer privaten Kindertagesstätte in Schwieberdingen (Kreis Ludwigsburg) Kleinkinder missbraucht und sie fotografiert haben. Die Polizei wirft ihm sexuellen - teils schweren - Missbrauch in drei Fällen vor. Außerdem soll er von fünf Kindern im Alter zwischen einem und zwei Jahren kinderpornografische Bilder gemacht haben. Die Kita-Leitung ist geschockt: Der junge Mann habe sich ganz normal im Kita-Alltag verhalten. "Weder auffällig noch unauffällig", sagte am Freitag die Leiterin der Einrichtung, Julia Uebachs.

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Schwieberdingen (dpa/lsw) - Ein 20-Jähriger Azubi soll in einer privaten Kindertagesstätte in Schwieberdingen (Kreis Ludwigsburg) Kleinkinder missbraucht und sie fotografiert haben. Die Polizei wirft ihm sexuellen - teils schweren - Missbrauch in drei Fällen vor. Außerdem soll er von fünf Kindern im Alter zwischen einem und zwei Jahren kinderpornografische Bilder gemacht haben. Die Kita-Leitung ist geschockt: Der junge Mann habe sich ganz normal im Kita-Alltag verhalten. „Weder auffällig noch unauffällig“, sagte am Freitag die Leiterin der Einrichtung, Julia Uebachs.

Der Verdächtige wurde am 6. April festgenommen. Er äußert sich nicht zu den Vorwürfen. „Alle waren entsetzt“, sagte Uebachs über die Reaktionen der Eltern, die ihre Kinder in der Kita betreuen lassen. Etwa 80 Krippenkinder besuchten die Einrichtung. Auch bei der Polizei gab es viele besorgte Anrufe.

Der 20-Jährige hat der Kita-Leiterin zufolge im Schuljahr 2016/17 seine Ausbildung zum Erzieher in dem Haus begonnen. Er soll aber schon seit 2014 ab und zu stundenweise in der Einrichtung gewesen sein. Bei seiner Arbeit sei er auch mit Kindern alleine gewesen - so wie es in anderen Kitas ebenfalls der Fall sei, so Uebachs.

Die Ermittler wurden erst durch die Mutter eines heute dreijährigen Kita-Kindes auf den 20-Jährigen aufmerksam: Sie hatte sich Anfang März an die Polizei gewandt, weil sie aus Schilderungen ihrer Tochter geschlossen hatte, dass der Mann im Verlauf des vergangenen Jahres in der Kindertagesstätte ihre Tochter missbraucht haben könnte. „Im Zuge der folgenden Ermittlungen erhärtete sich dieser Verdacht“, heißt es in einer Mitteilung der Polizei. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 14. März stellte sie verschiedene Datenträger sicher, darunter kinderpornografische Bilder, die der 20-Jährige in der Kita gemacht hatte.

„Ich habe ihm die Schlüssel sofort abgenommen“, sagte seine Chefin, als sie von den Vorwürfen erfuhr. Auch wurde ihm sofort gekündigt.

Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern an. Der Mann soll sich im Internet auch als Babysitter angeboten haben - wohl erfolglos. Keinen Zusammenhang gibt es nach Angaben der Polizei zu einem kürzlich aufgedeckten Missbrauchs-Fall in Heilbronn: Dort soll der Leiter einer kirchlichen Kita Tausende Kinder-Porno-Bilder im Internet getauscht und einen Jungen über mehrere Jahre schwer sexuell missbraucht haben. Auch er ist in Haft.

„Sex und Gewalt auch gegen kleine Kinder ist leider keine Seltenheit“, weiß Johannes-Wilhelm Rörig, der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung. Er fordert klare Regeln in Kitas und mehr Mittel für die Prävention. „Wir setzen in der Prävention nicht alle Möglichkeiten ein, Kinder zu schützen. Der Schaden danach ist viel größer“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. In den 55 000 Kitas in Deutschland gebe es längst nicht überall Schutzkonzepte.

Auch wenn Kleinkinder sich noch nicht äußern können - Eltern könnten ihm zufolge Missbrauch bemerken: „Wenn es Verhaltensänderungen gibt. Aggressivität etwa, die nicht zugeordnet werden kann, oder wenn ein Kind, das vorher gerne in die Kita ging, plötzlich nicht mehr hin will.“ Ein „großes Kompliment“ machte Rörig der Mutter aus Schwieberdingen, die die Signale ihres Kindes erkannte.

Kitas bräuchten auch ein Schutzkonzept: „Es müssen klare Regeln festgelegt werden.“ Rörig nannte ein Fotografierverbot oder das Vier-Augen-Prinzip bei Erziehern. „Es muss auch körperliche Nähe geben, aber nicht hinter verschlossenen Türen.“ Wickelräume sollten offen sein oder ein Fenster in der Tür haben. Klar müsse für Eltern, Kinder und Erzieher sein: „Wer ein schlechtes Gefühl hat, kann sich bei uns beschweren.“

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