Finanzen:Zöllner kontrollieren Einhaltung des Mindestlohns

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Ein Beamter trägt während seines Dienstes eine Schutzweste mit der Rückenaufschrift "Zoll". (Foto: Markus Scholz/dpa/Symbolbild)

Bundesweit kontrollieren Zöllnerinnen und Zöllner die Einhaltung des Mindestlohns. In Kiel befragen sie neben Mitarbeitenden einer Bäckerei auch die Belegschaft eines Thai-Massagesalons - und werden fündig.

Von André Klohn (Text) und Axel Heimken (Foto und Video), dpa

Kiel (dpa/lno) - Nach einer Weile wird es dem Kunden doch zu viel. Der Mann öffnet die Tür des Behandlungszimmers und steckt seinen Kopf hindurch nach draußen. „Dauert das hier noch lange?“ In dem Kieler Thai-Massagesalon überprüfen fünf Beamtinnen und Beamten des Kieler Hauptzollamtes am Donnerstag gerade die Papiere der Belegschaft. „Dann ziehe ich mich wieder an“, sagt der Mann, schließt die Tür und verlässt wenig später den Laden. Der Einsatz dort findet im Rahmen bundesweiter Schwerpunktkontrollen zur Einhaltung des Mindestlohns statt.

Im Fall des Massagesalons gibt es im Gegensatz zu anderen überprüften Betrieben aber einen konkreten Anlass für die Kontrolle. „Es gab einen Hinweis auf eine illegale Beschäftigung“, sagt die lokale Einsatzleiterin. Die Zöllnerin und ihr Team nehmen Ermittlungen gegen die Eigentümerin des Geschäfts und deren Nichte auf. „Wir haben gesehen, dass die bei einem Kunden eine Massage durchgeführt hat.“ Die junge Frau gehe damit einem geschäftlichen Zweck nach. Damit handele es sich um Arbeit.

Die Eigentümerin verteidigt sich. Ihre Nichte habe lediglich geholfen. „Auch wenn sie das als Hilfe bezeichnen, für uns ist das Arbeit“, entgegnet ihr eine Beamtin. Wegen der fehlenden Arbeitserlaubnis der Verwandten stellen die Zöllnerinnen und Zöllner schließlich deren Pass sicher und schalten das Ausländeramt ein. Gegen beide Frauen wird nun ermittelt.

Bundesweit haben sich am Donnerstag alle 41 Hauptzollämter nach Angaben der Generalzolldirektion an der Aktion beteiligt. In Schleswig-Holstein befragten knapp 60 Zöllnerinnen und Zöllner Beschäftigte von 56 Arbeitgebern im Bereich Kiel, in Neumünster, Rendsburg, Lübeck, Bad Segeberg, Bad Oldesloe, Neustadt in Holstein, Eutin und Malente.

„Bei unseren Prüfungen stellen wir regelmäßig Verstöße gegen Mindestlohnbedingungen fest“, sagt die Sprecherin des Hauptzollamtes Kiel, Gabriele Oder. „Beispielsweise werden Beschäftigte als Praktikanten, Auszubildende oder Selbstständige ausgegeben.“ Arbeitsstundenlisten würden oft wissentlich falsch, unvollständig oder gar nicht geführt.

Die Beamten kontrollieren in Kiel neben dem Salon, Friseurgeschäfte, Autohandel und auch einen Imbiss. Dabei seien in Schleswig-Holstein 113 Mitarbeitende befragt worden, sagt Oder. In 37 Fällen seien noch weitere Prüfungen erforderlich. Dabei geht es nur um den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von zwölf Euro brutto pro Stunde. Die speziellen Branchenmindestlöhne, die es bundesweit beispielsweise im Elektrohandwerk, in der Pflege und der Gebäudereinigung gibt, sind dagegen nicht Gegenstand der Kontrollen am Donnerstag.

Ortswechsel: Am Morgen erkundigt sich das aus zwei Frauen und drei Männern bestehende Team des Zolls nach den Arbeitsverhältnissen eines Cafés in der Innenstadt. „Was ist denn hier los, Mensch?“, sagt ein Mann, als er das Geschäft am Morgen gemeinsam mit einer Begleiterin betritt. Hinter dem Tresen stehen die Frau und die Tochter des Besitzers und geben den Beamten freundlich über ihren Familienbetrieb Auskunft. „Das ist schon ein komisches Gefühl“, sagt die Tochter anschließend. „Man wird sofort nervös, obwohl man gar nichts gemacht hat.“ Sie studiert Architektur, hilft im Familienbetrieb aus.

Dieser Respekt wird Beamten längst nicht überall entgegengebracht. „Die Gewaltbereitschaft hat zugenommen, und Eigensicherung wird auch in der Zollverwaltung groß geschrieben“, sagt Zollsprecherin Oder. Bei ihren Kontrollen am Donnerstag tragen die Zöllner Schutzweste und führen eine Waffe sowie Pfefferspray bei sich.

© dpa-infocom, dpa:230309-99-889692/3

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