Bothel:Weitere Festnahmen in rumänischem Heim

Lesezeit: 2 min

In einem umstrittenen rumänischen Heim für auffällige Jugendliche aus Deutschland hat es weitere Festnahmen gegeben. Wie die rumänische Ermittlungseinheit für...

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Bothel (dpa/lni) - In einem umstrittenen rumänischen Heim für auffällige Jugendliche aus Deutschland hat es weitere Festnahmen gegeben. Wie die rumänische Ermittlungseinheit für organisierte Kriminalität und Terrorismus mitteilte, wurden nach einer Razzia drei Menschen festgenommen. Drei weitere neue Verdächtige bleiben demnach auf freiem Fuß, müssen sich aber regelmäßig bei der Polizei melden.

Drei deutsche Jugendliche, die noch auf dem Hof Maramures untergebracht waren, seien seit vergangener Woche mit ihren Erziehern auf einer Ferienfreizeit in Polen, erklärte der in Bothel im Landkreis Rotenburg ansässige Jugendhilfeträger Wildfang am Freitag. Er hatte Kinder aus ganz Deutschland in das Projekt vermittelt.

„Wir wissen immer noch nicht, weshalb genau die Terrorbehörde tatsächlich gegen unsere Partner in Rumänien ermittelt“, sagte Wildfang-Leiter Dirk Precht. Das Erstürmen der Einrichtung im Morgengrauen sei unverhältnismäßig gewesen. „Unser Engagement in Maramures ruht, bis wir vollständige Aufklärung und Rehabilitierung erreicht haben“, sagte der Chef des niedersächsischen Trägers. Vier weitere deutsche Jugendliche hätten sich zum Zeitpunkt der Razzia beurlaubt zu Hause aufgehalten.

Bereits Ende August waren bei einer Durchsuchung der Einrichtung nahe der Grenze zur Ukraine der deutsche Heimleiter sowie rumänische Mitarbeiter festgenommen worden. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft Teenager „in Bedingungen wahrhafter Sklaverei“ ausgebeutet haben. Ermittelt werde wegen Menschenhandels, Handels mit Minderjährigen und illegaler Freiheitsberaubung im Zeitraum von 2014 bis August 2019. Ein aus der Einrichtung geflohener Jugendlicher hatte die Vorwürfe erhoben. Auch drei weitere Teenager berichteten von Misshandlungen.

Unter den nun Festgenommenen ist ein Mitarbeiter der Kinderschutzbehörde in Maramures. Er wird verdächtigt, zugelassen zu haben, dass das Heim „scheinbar legal“, in Wirklichkeit aber illegal funktioniere, erklärte die rumänische Ermittlungsbehörde. Das Heim habe keine Betriebserlaubnis gehabt. Zudem habe dieser Mann es unterlassen, tatsächlich die Situation der Kinder zu überprüfen. Die zwei weiteren Festgenommenen - Mitarbeiter des Heims - hätten versucht, die im Heim wohnenden Jugendlichen dahingehend zu beeinflussen, dass sie die Heimleitung nicht anzeigen.

In der Sache habe es am Montag zwölf Hausdurchsuchungen in Viseu de Sus in Rumänien, dem Standort des Heims gegeben. Dabei wurden nach Behördenangaben 12 Laptops, 13 Handys, kleinere Geldsummen und Dokumente beschlagnahmt.

Der Großteil der in dem Projekt untergebrachten Kinder war bereits nach der ersten Razzia im Sommer von den zuständigen Jugendämtern nach Deutschland zurückgeholt worden - teilweise gegen deren Willen. So wäre ein Mädchen aus Ostfriesland nach eigenen Angaben gern bei seiner rumänischen Gastfamilie geblieben. Aus Niedersachsen ist nach Angaben des Sozialministerium in Hannover kein Kind mehr in dem Projekt. Die Ermittlungen hatten eine generelle Debatte über Auslandsprojekte für schwierige deutsche Jugendliche ausgelöst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: