Rote Zahlen:Hessens Kommunen verbuchen 2023 ein Haushaltsdefizit

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Euro-Münzen sind übereinander gestapelt. (Foto: Oliver Berg/dpa/Symbolbild)

Hessens Städte, Kreise und Gemeinden sind im vergangenen Jahr insgesamt betrachtet in die roten Zahlen gerutscht. Für die kommunalen Verbände ist das keine überraschende Entwicklung.

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Gestiegene Ausgaben für Sozialleistungen und Personal haben in den kommunalen Haushalten in Hessen im vergangenen Jahr erstmals seit 2015 für ein Minus gesorgt. Das Defizit in den Kernhaushalten von Städten, Kreisen und Gemeinden summierte sich 2023 nach vorläufigen Zahlen auf mehr als 688 Millionen Euro, wie das Statistische Landesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte.

Nur 44,5 Prozent der Kommunen verzeichneten demnach ein Plus, darunter hatte Frankfurt den höchsten absoluten Überschuss mit 152 Millionen Euro. Die größten Finanzierungsdefizite seien in Darmstadt (minus 130,2 Millionen Euro) und Marburg (minus 128,4 Millionen Euro) entstanden.

Die hessischen Kommunen gaben 2023 nach Aussagen der Statistiker unter anderem mehr für Sozialleistungen wie Eingliederungshilfen, Grundversorgung und Hilfen für Asylbewerberinnen und -bewerber aus. „Darüber hinaus stiegen auch die Personalausgaben in den Kommunen deutlich an“, erläuterte das Landesamt. Der Finanzierungssaldo berechnet sich als Differenz aus den bereinigten Einnahmen und bereinigten Ausgaben. Die bereinigende Wirkung entsteht dadurch, dass bestimmte vermögenswirksame Finanzierungsvorgänge wie etwa die Aufnahme oder Tilgung von Krediten unberücksichtigt bleiben.

Der Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, David Rauber, erklärte: „Lange stand es auf der Kippe, jetzt rutscht es klar in die Schieflage.“ Schon seit Jahren seien die Ausgaben der Kommunen meist schneller gewachsen als die Einnahmen. „Der hohe Tarifabschluss im öffentlichen Dienst und die 2023 noch hohe Inflation verschärfen das altbekannte Grundproblem“, erläuterte er. Viele stark wachsende Ausgaben ergäben sich aus Bundes- und Landesgesetzen, müssen aber weitgehend von den Kommunen finanziert werden. Als Beispiele nannte Rauber den Nahverkehr, kommunale Krankenhäuser, Kitas und die Flüchtlingsunterbringung.

„Die Folgen dieser dauerhaften Schieflage spüren die Bürgerinnen und Bürger“, erläuterte der Verbands-Geschäftsführer. Viele Kommunen müssten die Grundsteuer erhöhen. Zudem müssten für Investitionen mehr Kredite aufgenommen werden, was den Haushaltsausgleich zusätzlich erschwere.

Der geschäftsführende Direktor des hessischen Städtetages, Jürgen Dieter, war nach eigenen Worten „nicht überrascht“ von der Statistik, die Verschlechterung habe sich abgezeichnet. „Wir haben vor allem ein Ausgabenproblem“, sagte er. Die Städte rechneten jedoch zusätzlich mit sinkenden Einnahmen. Die Kommunen seien daher „mehr denn je“ auf die finanzielle Unterstützung von Bund und Land angewiesen. Auch Dieter nannte als Beispiele den Öffentlichen Personennahverkehr und die Krankenhäuser.

Der Städtetags-Direktor warnte außerdem, dass bei wichtigen Themen wie der Ganztagsbetreuung in Kitas und der Digitalisierung der Verwaltung die finanziellen Fragen nicht geklärt seien.

„Die finanzielle Lage der hessischen Landkreise hat sich in den vergangenen Jahren zwar relativ verbessert, war aber nie als gut zu bezeichnen“, teilte Lorenz Wobbe vom Hessischen Landkreistag mit. Seien an einer Stelle Haushaltslöcher mutmaßlich gestopft, würden von Bund und Land neue Aufgaben an die Kommunen übertragen. Problematisch sei unter anderem die Finanzierung der Schul-Digitalisierung, da der Digitalpakt 1.0 auslaufe und die Konditionen eines Digitalpakts 2.0 unklar seien, erklärte Wobbe. Eine gesetzlich definierte Beteiligung des Landes an der Ausstattung der Schulen sei nicht in Sicht.

© dpa-infocom, dpa:240410-99-623504/4

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