Bad Nauheim:Stadttauben bekommen Gesellschaft von Verwandten

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Eine Ringeltaube (Columba palumbus). (Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild)

Neben Stadttauben fühlen sich zunehmend auch andere Taubenarten in hessischen Dörfern und Städten wohl. Dies trifft vor allem auf die Ringeltaube zu, wie der...

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Gießen (dpa/lhe) - Neben Stadttauben fühlen sich zunehmend auch andere Taubenarten in hessischen Dörfern und Städten wohl. Dies trifft vor allem auf die Ringeltaube zu, wie der Wildtierexperte Johannes Lang von der Justus-Liebig-Universität Gießen sagte. Der ehemals scheue Waldvogel habe in den zurückliegenden Jahren den Sprung in die Siedlungen geschafft. „Und auch die Türkentaube hat den Weg in die Städte- und Dorflagen gefunden“, sagte Lang.

Neben den Stadttauben, die ursprünglich von den Felsentauben abstammen, gibt es vier Taubenarten in Hessen. Das sind Ringel-, Türken-, Hohl- und Turteltaube. Darunter ist die Turteltaube das „ganz große Sorgenkind“, wie Lang sagt. Der Bestand sei dramatisch zurückgegangen. Ein möglicher Grund sei, dass diese Vögel bei ihrem Zug nach Afrika in Südeuropa intensiv bejagt werden.

Der Ringeltaube gehe es dagegen „sehr gut“, sagte Lang. Ihre Verbreitung in Siedlungen könnte damit zu tun haben, dass es dort weniger Beutegreifer wie Habichte oder Wanderfalken gibt, wie der Experte erläuterte. Allerdings siedelten sich beispielsweise auch Wanderfalken zunehmend in Städten an.

Nach Daten des Landesjagdverbandes wurden im Jagdjahr 2020/2021 mehr als 5890 Ringeltauben in Hessen geschossen, Anfang der 1990er-Jahre waren es noch knapp 25 000 gewesen. Die Tiere würden häufig auf Bitten etwa von Landwirten erlegt, da Ringeltauben auf Feldern gerne die Aussaat von Soja oder Sonnenblumen aufpicken, sagte die Biologin Nadine Stöveken vom Landesjagdverband in Bad Nauheim. Das Fleisch lasse sich gut verwerten, etwa für eine leckere Suppe.

Beim Bestand der Türkentauben gehe es nach einem Einbruch in den 1990er-Jahren inzwischen wieder aufwärts, sagte Wildbiologe Lang. Diese Art sei nicht gefährdet, jedoch plädierte er dafür, ihre Bejagung eine Weile ruhen zu lassen. Ringel- und Türkentauben sind die einzigen beiden grundsätzlich jagdbaren Taubenarten in Hessen.

Der Vorsitzende der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), Tobias Reiners, berichtete von „starken“ Einbrüchen des Bestandes bei den Türkentauben in den zurückliegenden Jahren. Da sich die Art unter anderem von Sämereien und Wildkräutern ernähre, habe sie besonders unter der Intensivierung der Landwirtschaft zu leiden.

Das „Sorgenkind“ Turteltaube sei in Hessen gar vom Aussterben bedroht, warnte Reiners. Die Art benötige für die Brut einen Platz zwischen Wald und Offenland sowie ausreichende Wasserstellen, um die Küken großziehen zu können. Bei großer Trockenheit könne dies zum Problem werden, sagte Reiners. Die Naturschützer unterstützten die Turteltauben, indem sie bei bestätigten Vorkommen dafür sorgen, dass es möglichst in der Nähe der Brutplätze Wildkräuteräcker gibt.

Über umfangreiches Monitoring gibt es gute Daten über die wilden Taubenarten, jedoch nicht über die Stadttauben, die kein Wildtier sind, wie Reiners erläuterte. Er plädierte dafür, auch diesen Vögeln mit Respekt zu begegnen und ihnen nicht die Daseinsberechtigung abzusprechen. Es sei verwunderlich, „wieviel negative Energie“ auf Straßentauben projiziert werde. Sie schadeten niemandem und machten nur ein bisschen Dreck, sagte Reiners und verwies darauf, dass der größte Verursacher von Müll und Verunreinigungen der Mensch sei.

„Wir sollten den Tauben einen Platz einräumen“, sagte Reiners. Dies könnten beispielsweise auch städtische Taubenschläge sein, in denen die Eier entnommen werden, um den Bestand zu regulieren. Es könne keine Lösung sein, die Stadttauben zu bekämpfen.

© dpa-infocom, dpa:220622-99-750961/3

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