Kolumbien:Eine Waffe wie aus einer Hitler-Doku

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Eine Luger P 08, "Parabellum" genannt. Diese Pistole ist die Standardrequisite eines jeden Nazi-Hollywoodfilms, für Originalexemplare legen Sammler schon mal mehrere Tausend Euro auf den Tisch. (Foto: imago images/zm23)

Ein Dieb in Kolumbien bestiehlt Passanten - mit einer Pistole, die mehr wert sein könnte als die gesamte Beute.

Von Christoph Gurk, Buenos Aires

Gut möglich, dass sich Alex P. auch selbst schon mal gefragt hatte, wieso seine Pistole so anders aussieht: Dieser dünne Lauf, der fast spitz zulaufende Griff und dann dieses Gelenk, das oben auf der Waffe aufsitzt wie eine kleine runde Warze. Vielleicht hatte Alex ein ähnliches Modell schon mal in irgendeinem Nazi-Film gesehen oder einer Hitler-Doku. Vielleicht war dem 21-Jährigen das alles aber auch vollkommen egal, ging es bei der Pistole doch nicht um das Aussehen, sondern um den Zweck. Und der war: Angst einjagen, damit Alex' Opfer ihm das gaben, was er wollte.

An jenem Tag Mitte April war dies wohl das Handy einer Passantin. Alex P. hatte ihr auf einer Straße in El Milagro aufgelauert, einem Viertel ganz im Süden der kolumbianischen Karibikstadt Cartagena. Doch die Frau hatte Glück, Alex dagegen Pech: Polizisten verhinderten den Überfall, Alex wurde festgenommen, mitsamt seiner Pistole.

Auf der Wache fiel dann aber auch den Beamten schnell auf, dass diese Waffe anders war als die, die sie sonst bei Dieben, Gaunern und Ganoven fanden. Mit der Hilfe von Experten stellte sich schnell heraus, dass die Pistole eine Luger war, auch P 08 oder Parabellum genannt.

Hollywood drückte jedem Nazi-Darsteller eine Luger in die Hand

Erstmals produziert vor mehr als 100 Jahren im Deutschen Reich, gehörte die Pistole zur Standardausrüstung von Soldaten in der Schweiz und den Niederlanden, aber auch in Ländern wie Brasilien und Bolivien. Vor allem machte die Waffe aber in Deutschland Karriere, im Ersten und Zweiten Weltkrieg zogen deutsche Soldaten mit ihr an die Front, später dann drückte Hollywood jedem Nazi eine Luger in die Hand.

Heute ist die Waffe ein Sammlerstück, je nach Modell, Baujahr und Zustand ein paar Hundert bis mehrere Tausend Euro wert. Gut möglich also, dass Alex P. am Ende mehr Geld verdient hätte, wenn er seine Pistole verkauft hätte, anstatt sie dafür zu benutzen, wehrlosen Passanten auf der Straße ihre Handtaschen oder Smartphones zu klauen. Auf jeden Fall aber wäre er dafür nicht in den Knast gewandert - vorausgesetzt natürlich, die Pistole wäre zuvor auf einem halbwegs legalen Weg in seinen Besitz gekommen.

Wie genau Alex allerdings zu seiner Luger kam, ist bislang noch nicht geklärt. Auffällig aber ist, dass die Polizei in Cartagena schon 2018 zwei Diebe festgenommen hat, die einen Laden überfallen hatten und dabei die Kassierer und Kunden mit einer Luger bedrohten.

Auch damals schon konnte nicht festgestellt werden, woher die Tatwaffe stammte. Ist es also nur Zufall, dass ausgerechnet in einer traumhaft schönen Stadt an der kolumbianischen Karibikküste Kleinkriminelle ihre Verbrechen mit Waffen aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg begehen? Gibt es zwischen den Taten und vor allem den Tatwaffen eine Verbindung? All diese Fragen blieben bislang ungeklärt.

Sicher ist nur: Alex P. sitzt erst mal im Gefängnis, seine Pistole dagegen lagert in der Asservatenkammer der kolumbianischen Staatsanwaltschaft. Dort soll sie bleiben bis zum Prozess, danach könnte sie zerstört werden oder aber auch in ein Museum wandern, wegen ihres historischen Werts.

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