Kollision auf der Moskwa:Neun Tote nach Schiffsunglück

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Schon wieder ein Schiffsunglück in Russland: Drei Wochen nach der schweren Katastrophe auf der Wolga ist in Moskau ein Ausflugsboot mit 16 Menschen an Bord untergegangen, es gibt neun Tote. Offenbar hat der Kapitän alle Sicherheitsstandards missachtet.

Die schwere Schiffskatastrophe auf der Wolga mit 122 Toten ist nur drei Wochen her - da erschüttern Russland neue Bilder von Tauchern, die Leichen bergen. Diesmal ertrinken mitten in der russischen Hauptstadt Moskau auf der Moskwa neun Menschen.

Rettungskräfte nach dem Schiffsunglück auf der Moskwa. (Foto: AP)

Auf dem kleinen Ausflugsboot Lastotschka (zu Deutsch: Schwalbe) wollen sie den Geburtstag eines türkischen Freundes feiern. Doch mitten in der Nacht zum Sonntag, gegen ein Uhr, stößt das Boot mit einem schweren Frachtkahn zusammen und sinkt. Sieben der insgesamt 16 Menschen an Bord können sich retten. Auch der 31-Jährige aus der Türkei, der seinen Geburtstag feiert, überlebt.

Die Bilder der Leichentaucher und Rettungsmannschaften des Zivilschutzministeriums an der Moskwa erinnern viele Russen an den Untergang der Bulgaria auf der Wolga am 10. Juli. Und auch die Umstände weisen Parallelen auf. Wieder hat ein russischer Kapitän nach offiziellen Angaben einfachste Sicherheitsregeln missachtet. Der 50-jährige Gennadi S. soll sein nur für zwölf Menschen zugelassenes Boot überladen haben. Er ist schon drei Mal wegen Rechtsverstößen aufgefallen, wie der Sprecher der Ermittlungsbehörden, Wladimir Markin, sagt. Er trage wohl die Hauptschuld an der Tragödie.

Die Ermittler wollen aber auch die Inspektions- und Zulassungsbehörden ins Visier nehmen. Es gelte zu prüfen, ob hier - womöglich, wie in Russland oft üblich, gegen Schmiergeld - bei den Kontrollen ein Auge zugedrückt wurde. Die Überlebenden berichten, dass die Lastotschka sich kurz vor dem Zusammenstoß mit dem am Ufer vertäuten Frachter um sich selbst gedreht habe und nicht mehr manövrierfähig gewesen sei.

Die Geburtstagsparty an Bord ist zu diesem Zeitpunkt schon voll im Gange. Wenig später knallt die Lastotschka auf den Frachter Oka-5 und sinkt. Die Crew der Oka-5 hilft bei der Rettung. Dennoch ertrinken in der Millionenstadt neun Menschen. An der Unglücksstelle zwischen den Sperlingsbergen und dem Luschniki-Stadion ist die Moskwa etwa drei Meter tief - und in der Nacht kaum beleuchtet. Es ist schon hell, als Taucher in dem Wasser mit einer Sichtweite von rund einem halben Meter die Leichen bergen. Das Fernsehen zeigt in Tränen aufgelöste oder vor Schock starre Gesichter der Überlebenden, die in Decken gehüllt sind.

In den vergangenen Wochen erlebten die Russen - wie so oft nach den vielen Katastrophe der Vergangenheit - eine große Sicherheitsdebatte. Nach dem Untergang der technisch maroden Bulgaria bei einem Sturm auf der Wolga sollte alles besser und sicherer werden. Von der russischen Führung angeordnete Kontrollen der Binnenflotte haben gerade ergeben, dass mehr als 90 Prozent der Boote teils schwere technische Mängel aufweisen.

Allein in Moskau sind nach offiziellen Angaben etwa 3000 Schiffe registriert. Es gehört zu den besonderen Touristenattraktionen der Hauptstadt, mit einem Boot entlang der Sehenswürdigkeiten wie dem Kreml, der Erlöserkathedrale und den Sperlingsbergen zu schippern. Im Winter bahnen Eisbrecher den Weg durch die vereiste Moskwa. Am Sonntag aber mussten die Anbieter der Flusstouren nach dem schwersten Unglück seit Jahren wegen der Bergung zeitweilig eine Auszeit nehmen.

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