Verbreitung von Kinderpornografie:Razzia gegen die Bedenkenlosigkeit

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Über das Smartphone oder Chat-Programme auf dem PC verbreiten sich unter Jugendlichen kinderpornografische oder gewaltverherrlichende Videos. (Foto: dpa-tmn)
  • Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft verdächtigt 20 Jugendliche und junge Erwachsene.
  • Sie sollen Kinderpornografie verbreitet haben.
  • Die Aktion hat auch einen "präventiven" Charakter.

Von Oliver Klasen

Das Delikt, das die Ermittler den Verdächtigen vorwerfen, wiegt schwer: Verbreitung von Kinderpornografie. Der jüngste Verdächtige ist 14 Jahre alt, 21 sind es insgesamt, sie kommen aus elf Bundesländern und sollen über soziale Netzwerke wie Whatsapp Videos verbreitet haben, die sexualisierte Gewalt an Kindern zeigen.

Eine Aufnahme, die die Polizei sichergestellt hat, zeigt zwei Jugendliche, die in einem Steinbruch, der mutmaßlich in Afghanistan liegt, ein Kind vergewaltigen. Auf einem anderen Clip sind zwei Kinder aus den USA bei sexuellen Handlungen zu sehen, zu denen sie mutmaßlich von einer fremden Person gedrängt wurden.

Bei einer bundesweiten Razzia haben die Ermittler in der vergangenen Woche Wohnungen durchsucht. Sie beschlagnahmten Computer, Handys und andere Datenträger. Am Montag haben das Bundeskriminalamt und die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft über die Durchsuchungsaktion informiert.

Der Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet und über soziale Medien ist einer der Schwerpunkte der Generalstaatsanwaltschaft. Sie hat schon mehrere Kinderporno-Netzwerke enttarnt, etwa 2017 die Plattform "Elysium", auf der mehr als 100 000 Nutzer registriert waren.

Videos im Klassenchat sind strafrechtlich relevant

"Die Durchsuchungen, die wir jetzt vorgenommen haben, unterscheiden sich stark von den Fällen, die wir sonst behandeln", sagt Pressesprecher Alexander Badle. Bei den Elysium-Ermittlungen waren die Tatverdächtigen zumeist Erwachsene, die über das Darknet verbunden waren. Das ist beim jetzigen Fall anders. Badle sagt, dass die Aktion in erster Linie "präventiven Charakter" habe. Man wolle Jugendliche sensibilisieren, dass Videos, die spaßeshalber in Klassenchats verbreitet würden, strafrechtlich relevant sein können.

Das Phänomen habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Es geht uns nicht in erster Linie um Bestrafung. Wir wollen den Jugendlichen klarmachen, dass man solche Videos nicht bagatellisieren darf." Wenn die Polizei in die Wohnung komme und das Smartphone mitnehme, sei das als Signal an die Jugendlichen gedacht - ein Vorgehen, das Experten zufolge durchaus Wirkung zeigt.

Was können Eltern tun, wenn sie mitbekommen, dass ihre Kinder gewaltverherrlichende oder kinderpornografische Inhalte erhalten haben? Psychologen und Schulsozialarbeiter raten davon ab, die Chatverläufe der Kinder nachzukontrollieren.

Die beste Prävention: mündige Eltern

Besser sei es, mit den Kindern über mögliche Konsequenzen zu reden. "Mündige Eltern, die sich mit ihren Kindern zu allen Bereichen ihres sozialen Erlebens austauschen, die ihren Kindern vertrauen und mit genügend Selbstbewusstsein ausstatten, sind die beste Prävention", sagt Cordula Lasner-Tietze, die Bundesgeschäftsführerin des Kinderschutzbundes. Wünschenswert sei auch ein Schulfach Medienkompetenz.

Vielen Jugendlichen ist nicht klar, dass Nutzer sozialer Medien strafmündig und damit im Zweifel verantwortlich sind, was auf ihren Smartphones oder Computern passiert - jedenfalls spätestens dann, wenn sie die Videos weiterleiten. Dann tritt nämlich das ein, was Juristen Drittbesitzverschaffung nennen: Derjenige, der Kinderpornografie weiterleitet, ermöglicht es anderen, die Kinderpornografie anzusehen. Dass in Chats verbotene Videos auftauchten, könne man kaum verhindern, sagt Staatsanwalt Badle.

Es sei aber wichtig, dass die Jugendlichen das kinderpornografische Material nicht weiterschicken. "Damit unterbrechen wir die Kommunikationskette und damit ist schon viel gewonnen."

© SZ vom 29.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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