Schwer zu sagen, ob der Mann das mit den neun Kindern wirklich ernst meinte. Seine Klage vor dem Bundesgerichtshof (BGH) jedenfalls war bizarr, selbst gemessen an den bisweilen ungewöhnlichen Rechtsstreitigkeiten, die man aus der Welt der Fortpflanzungsmedizin kennt. Folgender Fall also: Der Kläger, der mit einem Mann in eingetragener Partnerschaft lebt, hat bereits drei Töchter - eine von einer Leihmutter in Indien, zwei von einer Leihmutter in Kalifornien.
Weil aber bei den kalifornischen Familiengründungsversuchen aus seinem Samen und den gespendeten Eizellen weitere neun Embryonen entstanden sind, hat er nun auf Anerkennung seiner Vaterschaft geklagt. Wohlgemerkt: an neun kryokonservierten Embryonen, die in Kalifornien aufbewahrt werden. Sein Ziel: Er wolle sie "zur Geburt führen". Und weil er auf das Vaterrecht offenkundig nicht so recht vertraute, hat er für die ungeborenen Kinder parallel dazu ein "Sorgerecht" oder wenigstens eine "Pflegschaft" geltend gemacht.
Embryonen haben keine Väter
Der Fall ist zwar untypisch, aber er wirft ein Licht darauf, welche komplexen juristischen Fragen die Reproduktionsmedizin aufwirft. Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten, anders als eben in Kalifornien oder etwa in der Ukraine. Bisher war sie auch in Indien erlaubt, das aber angekündigt hat, den Leihmuttertourismus eindämmen zu wollen, ebenso wie Thailand. Der BGH hat sich bei der Anerkennung von Familien, die im Ausland mit der Hilfe von Leihmüttern entstanden sind, bisher großzügig gezeigt. In einem kalifornischen Fall akzeptierte er die Doppelvaterschaft zweier schwuler Männer - zum Wohle des Kindes, weil nach dortigem Recht beide als Väter gelten.
Das war freilich keinerlei Präjudiz für eine Anerkennung von Embryonenvätern, im Gegenteil. Der BGH stellte erst einmal nüchtern fest, dass für die Vaterfrage in diesem Fall deutsches Recht gelte - weil der Vater nun mal Deutscher sei. Theoretisch kann man bei Abstammungsfällen zwar auch das Recht des Staates anwenden, in dem das Kind seinen "gewöhnlichen Aufenthalt" hat - aber ein kalifornisches Tiefkühlfach kann man aus BGH-Sicht nun wirklich nicht als Ort des "gewöhnlichen Aufenthalts" bezeichnen. Der Rest war einfach: Nach deutschem Recht ist eine Vaterschaft eben erst mit der Geburt wirksam; Embryonen haben keine Väter. Der BGH wies die Klage des Mannes ab.
Es ist unklar, was er mit den Embryonen überhaupt hätte anfangen können. Normalerweise hätte jedenfalls auch die Eizellenspenderin ein Mitspracherecht. Aber welche Varianten der reproduktionsmedizinisch assistierten Familiengründung weltweit zulässig sind, ist schwer zu überschauen. Auch deshalb dürfte sich der BGH für eine zurückhaltende Linie entschieden haben. Denn dort, wo sie erlaubt ist, wird Leihmutterschaft rasch zum gigantischen Geschäft.