Sexuelle Belästigung:James Franco gibt Machtmissbrauch zu

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James Franco auf einem Bild aus dem Jahr 2016. Drei Jahre später verklagten ihn zwei Filmstudentinnen wegen sexueller Nötigung, Diskriminierung und Einschüchterung. (Foto: Etienne Laurent/dpa)

Fünf Frauen hatten dem US-Schauspieler 2018 vorgeworfen, sie belästigt zu haben. Jetzt räumt der 43-Jährige ein, süchtig nach Sex gewesen zu sein - und gibt sich geläutert.

Von Felicitas Kock

Es gibt diese Szene in dem sehr abgedrehten Film "Spring Breakers" von Harmony Korine. Vier Freundinnen, Collegestudentinnen aus dem Bible Belt, stehen in Florida vor Gericht. Sie haben auf einer Spring-Break-Party zu heftig gefeiert, wurden mit Drogen erwischt, jetzt droht eine Haftstrafe. Doch Rettung naht: Drogendealer Alien, gespielt von James Franco, kauft die jungen Frauen frei und lädt sie in seine obszön luxuriöse Villa ein. Spätestens jetzt wünscht sich der brave Zuschauer, die vier würden in den nächsten Greyhound-Bus steigen und zurück in ihr behütetes Studentinnenleben fahren. Vier junge Frauen in der Hand eines irren älteren Typen - das kann ja nicht gutgehen.

Im echten Leben ist James Franco nicht nur Schauspieler und Regisseur, er hat zwischendurch auch eine Schauspielschule betrieben, mit Dependancen in Los Angeles und New York, und mit offenbar zweifelhaften Absichten. Vier ehemalige Filmstudentinnen und eine weitere Frau, die Franco als einstigen Mentor bezeichnet, warfen ihm 2018 vor, sie belästigt zu haben. Unter anderem habe er ihnen das Gefühl gegeben, ihre Karriere beschleunigen zu können, wenn sie sich auf Nackt- oder Sexszenen einließen. Zwei der Frauen verklagten Franco 2019 wegen Diskriminierung, sexueller Nötigung und Einschüchterung.

Franco stritt die Vorwürfe stets ab. Jetzt hat er in einem Radiointerview erstmals einen Machtmissbrauch zugegeben. Der Sender SiriusXM mit Sitz in New York veröffentlichte am Mittwoch erste Auszüge aus einem Interview, das am Donnerstag (Ortszeit) in ganzer Länge gesendet werden soll. Der heute 43-Jährige beschreibt darin eine tatsächlich ziemlich irre Version seines jüngeren Selbst: Mit 17 Jahren habe er eine frühe Alkoholabhängigkeit in den Griff bekommen, aber danach sei er süchtig nach Ruhm und Sex gewesen, und das gut 20 Jahre lang. Er habe Frauen ständig betrogen und viele Menschen verletzt.

"Vollkommen blind für Machtdynamiken oder Ähnliches"

Es sei falsch gewesen, mit Studentinnen in seiner Schauspielschule Sex zu haben. Damals habe er gedacht, wenn es einvernehmlich sei, sei es okay, sagt Franco. Er sei "vollkommen blind für Machtdynamiken oder Ähnliches" gewesen. "Damals war ich nicht klar im Kopf."

Jetzt gibt sich Franco geläutert: Seit 2016 arbeite er an sich und gegen seine Sexsucht. Aus Gerichtsakten geht hervor, dass er den beiden ehemaligen Schauspielschülerinnen, die 2019 gegen ihn Anzeige erstattet hatten, mittlerweile eine Entschädigung von insgesamt 2,2 Millionen US-Dollar gezahlt hat. Eine Reaktion der Opfer auf die Interview-Auszüge steht noch aus.

"Spring Breakers" endet - Spoiler-Alarm - für die vier Studentinnen glimpflich, für den von Franco verkörperten Drogendealer weniger. Unter Kritikern löste der Film eine für die damalige Zeit durchaus hitzige Debatte darüber aus, ob es sich hier um ein feministisches Meisterwerk handele - oder um eine schwer verdauliche Lobpreisung von Machtmissbrauch und Rape Culture. Der Film erschien im Jahr 2012, fünf Jahre vor "Me Too" und zwei Jahre bevor Franco seine Schauspielschule gründete. Hätte er nur mal die Kritiken gelesen.

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