Hunde:Stimmt das Klischee vom freundlichen Labrador?

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Na bitte, da ist der Beweis: ein lächelnder Labrador. (Foto: Imago/ingimage)

Finnische Forscherinnen und Forscher haben die Charaktereigenschaften von mehr als 1000 Hunden untersucht und dabei herausgefunden: Die Rasse ist gar nicht so entscheidend. Es kommt vor allem auf die ersten vier Monate an.

Von Titus Arnu

Kluger Collie, scharfer Schäferhund, zickiger Chihuahua, brutale Bulldogge: Vielen Hunderassen werden charakteristische Verhaltenseigenschaften zugeschrieben. Laut diesen Stereotypen sind einige Rassen aggressiver, gehorsamer oder anhänglicher als andere. Aber gibt es nicht auch gemeingefährliche Golden Retriever und handzahme Rottweiler? Und welchen Einfluss hat die Erziehung auf den Charakter? Solche Fragen stellen sich nicht nur verzweifelte Herrchen und Frauchen störrischer Dackel, kläffender Pudel oder jagdsüchtiger Beagles, sondern auch Wissenschaftler.

Dabei geht es auch um rassistische Vorurteile. Oft wird die Entscheidung für einen Hund aufgrund seines Aussehens und der vermeintlichen Verhaltenseigenschaften getroffen. Schließlich wurden die meisten Hunderassen im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte für bestimmte Aufgaben gezüchtet, Rottweiler etwa als Wachhunde, Dackel zur Dachsjagd, Border Collies zum Schafehüten. Dementsprechende Charaktereigenschaften stecken in den Genen der Tiere. Eine neue Studie aus Finnland hat nun ergeben, dass die Rasse zwar ein wichtiger Faktor ist, die Persönlichkeit eines Hundes aber durch eine komplexe Wechselwirkung zwischen Genetik, Alter, Erziehung und Umwelt bestimmt wird.

Eine Forschungsgruppe der Universität Helsinki hat einen riesigen Datensatz von mehr als 11 000 Hunden ausgewertet, um die Faktoren zu untersuchen, die zur Persönlichkeit der Tiere beitragen. "Alle Hunde sind Individuen, und alle Rassen haben unterschiedliche Eigenschaften, aber die Rassen unterscheiden sich darin, welche Art von Persönlichkeit die meisten Hunde innerhalb jeder Rasse haben", sagt Milla Salonen, die Hauptautorin der Studie. Der Datensatz umfasste mehr als 300 Rassen, die in 52 Gruppen unterteilt wurden. Die Tiere wurden hinsichtlich verschiedener Persönlichkeitsmerkmale untersucht: Unsicherheit, Trainingsorientierung, Aggressivität, Energie, Geduld, Umgänglichkeit mit Hunden und Menschen.

Aggressive Rüden, pflegeleichte Weibchen?

Von den in der Studie untersuchten Faktoren war die Sozialisierung im Welpenalter am wichtigsten. Eine gute Sozialisierung in den ersten vier Monaten führt dazu, dass die erwachsenen Hunde später weniger unsicher und aggressiv sind, sie lassen sich besser trainieren und gehen friedlicher mit Artgenossen und Menschen um. Das Alter ist auch sonst eine entscheidende Variable: Je älter die Hunde, desto selbstsicherer und ruhiger werden sie, was kaum überrascht. Allerdings räumten die Hundeforscher mit einem anderen Vorurteil auf: Weibchen sind nicht unbedingt leichter zu haben, sie können genauso aggressiv, unruhig und unkonzentriert sein wie Rüden. Bei allen Merkmalen außer der Umgänglichkeit des Hundes war das Geschlecht die am wenigsten wichtige Variable.

Am unsichersten ist laut der Untersuchung der Shetland Sheepdog (Sheltie), das größte Ego bringen Bull-Terrier mit. Terrier sind laut Studie besonders energiegeladen, während Hütehunde die größte Geduld aufweisen. Möglicherweise aufgrund ihres hohen Energielevels verlieren Terrier gegenüber Labrador Retrievern in Bezug auf die Lernbereitschaft. Und Golden Retriever werden ihrem Ruf gerecht, ideale Familienhunde zu sein: In Bezug auf Aggressivität und Dominanz weisen die weißen Kuschelmonster die geringsten Werte auf.

Trotz der wissenschaftlich bewiesenen Wesensunterschiede lieben Hundefans ihre Lieblinge meistens trotzdem so, wie sie sind - seien es hysterische Huskys, lernbehinderte Langhaardackel oder arrogante Affenpinscher. Wichtiger als das jeweilige charakterliche Defizit scheint die unabdingbare Liebe zu sein. Oder, wie der frühere Bundespräsident Johannes Rau mal über seinen schwer erziehbaren Riesenschnauzermischling Scooter sagte: "Als Hund ist er eine Katastrophe, aber als Mensch ist er unersetzbar."

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