Homosexualität in Indien:Mutter schaltet Heiratsanzeige für schwulen Sohn

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  • Eine indische Mutter hat in einer Zeitung einen Bräutigam für ihren homosexuellen Sohn gesucht. Damit bricht sie ein Tabu.
  • Harish Idyer, Bräutigam in spe und Menschenrechtsaktivist, ist stolz auf seine Mutter. Sie mache sich sorgen, dass er mit 36 noch keine Familie gegründet habe.
  • Die Annonce hat eine Kontroverse ausgelöst, da Homosexualität seit der Kolonialzeit in Indien strafbar ist.

Mutter sucht Bräutigam für ihren Sohn

"Gesucht wird ein 25 bis 40-jähriger, gut aufgestellter, tierlieber Vegetarier als Bräutigam ...": Was wie eine gewöhnliche Anzeige in einer indischen Tageszeitung klingt, ist in Wirklichkeit ein echter Skandal. Die Mutter, die hier öffentlich Zuwachs für ihre Familie sucht, tut dies nämlich für ihren Sohn. Der ist homosexuell und das steht im konservativen Indien unter Strafe.

Drei Zeitungen hatten sich geweigert, die Anzeige von Padma Iyer aufzunehmen, obwohl es in dem Land üblich ist, einen Partner fürs Leben via Kontaktanzeige zu suchen. Bei der Boulevardzeitung Mid Day hatte die Inderin schließlich Erfolg. Der Herausgeber des Blatts, Sachin Kalbag, erklärte, er habe anders als die anderen Zeitungen überhaupt kein Problem mit der Publikation gehabt. "Menschenrechte sollten für alle gelten, ungeachtet ihrer Religion, Kaste, Hautfarbe, sexuellen Orientierung," schrieb er in einer Stellungnahme.

Bereits einen Tag nach Erscheinen des Aufrufs hatte ihr Sohn Harish, einer von Indiens bekanntesten Aktivisten für Schwulenrechte, schon sechs Antworten auf die Annonce bekommen. "Ich bin stolz auf sie. Es war ihre Idee", sagt er. Seine Mutter sei, wie viele indische Matriarchinnen, der Meinung, dass es für ihn im Alter von 36 Jahren Zeit werde, eine Familie zu gründen.

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Von Jannis Brühl

Seit 1861 steht Homosexualität in Indien unter Strafe

Traditionell werden in Indien immer noch viele Ehen von den Eltern arrangiert. Eine Kontaktanzeige für ein homosexuelles Paar hat es aber nach den Angaben von Harish Iyer noch nie gegeben. Trotz des vielen Zuspruchs für die Schwulen-Gemeinschaft, der sich in zahlreichen Veranstaltungen äußert, bliebe die gleichgeschlechtliche Ehe weiterhin ein Tabuthema.

Seit der britischen Kolonialzeit gibt es im indischen Strafgesetzbuch den sogenannten Paragrafen 377, der Homosexualität unter Strafe stellt. Im Jahr 2009 hatte der Delhi High Court beschlossen, dass das Gesetz verfassungswidrig sei. Einen Rückschlag mussten die Befürworter dieser Entscheidung 2013 hinnehmen. Christliche und muslimische Konservative hatten eine Kampagne gestartet, das Urteil zu revidieren - mit Erfolg. Die höchste juristische Instanz des Landes, der Supreme Court, hob den Gerichtsentscheid auf.

Eines hat die Heiratsanzeige der couragierten Mutter zumindest bewirkt: Sie hat die öffentliche Debatte angeregt. Die sehr konservative Regierung, die in Indien derzeit an der Macht ist, wird den Paragrafen 377 allerdings in naher Zukunft vermutlich nicht kippen.

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