Höxter-Prozess:Gutachterin: Angeklagte ist unfähig, Mitleid zu empfinden

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Die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh stellt ihr Gutachten zu den beiden Angeklagten vor. (Foto: dpa)
  • Ein Ex-Paar steht vor Gericht, weil es mehrere Frauen in ihr Haus in Höxter gelockt und misshandelt haben soll; zwei der Frauen starben.
  • Einer Gutachterin zufolge ist die Angeklagte, im Gegensatz zu ihrem Ex-Partner, voll schuldfähig.
  • Das Paar habe bei den Misshandlungen eine Einheit gebildet und sich gegenseitig ergänzt, sagt die Gutachterin.

Die angeklagte Ex-Frau im Prozess um die tödlichen Misshandlungen in Höxter ist nach Einschätzung einer Gutachterin voll schuldfähig. Die 49-jährige Angelika Wagener zeige allerdings Züge von Autismus und sei nicht in der Lage, Mitleid mit den Opfern und den Angehörigen zu empfinden, sagte die forensische Gutachterin Nahlah Saimeh am Mittwoch im Landgericht Paderborn.

Das fehlende Mitleid machte Saimeh an zwei Beispielen deutlich. Im Prozess hatten Besucher entsetzt reagiert, als Angelika Wagener das Zerstückeln einer Leiche beschrieb. Sie hatte auf dieses Raunen im Saal mit Unverständnis reagiert. Auch verstand sie das Entsetzen einer Nebenklägerin nicht, die als Mutter eines der Opfer an dem Prozess teilnimmt. "Selbst schuld, sie muss ja nicht hier im Raum sitzen. Das ist ja ihre eigene Entscheidung", hatte Angelika Wagener der Gutachterin gesagt.

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"Er beurteilt Dinge komplett falsch": Das Verhalten von Wilfried Wanderer erinnert die Gutachterin an ein Grundschulkind. Der Angeklagte im Höxter-Prozess sei nur vermindert schuldfähig.

Auf diese Gefühllosigkeit angesprochen, gestand die Angeklagte ein, dass sie auch als skrupellose Aufseherin in einem Internierungslager hätte arbeiten können. "Und dafür hätte ich früher auch noch einen Orden bekommen." Den Vorwurf Mord versteht die Angeklagte der Gutachterin zufolge nicht. Körperverletzung mit Todesfolge sei für sie akzeptabel. Für sich würde sie 13 oder 14 Jahre Haft fordern.

Somit kommt die Gutachterin bei den beiden Angeklagten zu einem unterschiedlichen Urteil. Dem angeklagten Wilfried Wagener hat Saimeh eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Er habe nicht beantworten können, was eine Misshandlung überhaupt ist.

Über Jahre hinweg soll das Paar mehrere Frauen in ihr Haus nach Ostwestfalen gelockt und seine Opfer schwer misshandelt haben, zwei Frauen starben. Dabei haben die beiden der Gutachterin zufolge eine gewachsene Einheit gebildet und sich gegenseitig ergänzt. "Das war die Basis ihrer 17 Jahre dauernden Ehe", sagte Saimeh.

Im Prozess hatten sich Wilfried Wagener und seine Mitangeklagte Ex-Frau gegenseitig beschuldigt. Jeder der beiden habe - unbewusst - aus unterschiedlichen Motiven psychische und auch körperliche Gewalt gegenüber den Opfern ausgeübt. Ziel war es, sie zu manipulieren und zu zerstören, sagte die Gutachterin weiter. Angelika hatte demnach eine Beziehung zu ihrem Mitangeklagten, um Macht, Kontrolle und Dominanz ausüben zu können. Bei Wilfried Wagener dagegen ging es vermeintlich um Liebe und Beziehungen. "Er weiß aber gar nicht, was das ist", sagte Saimeh.

Der Angeklagte sei deutlich intelligenzgemindert. Für ihn empfahl die Gutachterin am Dienstag die Unterbringung in der Psychiatrie. Angelika Wagener dagegen verfüge über eine überdurchschnittliche Intelligenz. Beide sind wegen Mordes durch Unterlassen angeklagt. Das Urteil dürfte sich noch einige Zeit hinziehen. Das Gericht hat weitere Prozesstermine bis OKtober angesetzt.

Anmerkung d. Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, der Familienname der Angeklagten Ex-Eheleute sei Wanderer. Dies ist falsch.

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