Der Hochseilartist Nik Wallenda ist für seinen neuesten spektakulären Stunt auf einem rotierenden Riesenrad gelaufen. Der 36-Jährige stieg am Mittwochmorgen (Ortszeit) ganz oben auf einer Gondel eines Riesenrads im US-Bundesstaat Florida aus und...
...lief eine Weile auf dem rotierenden Rad herum. Anschließend kletterte er wieder in eine der Gondeln. Der Stunt wurde live im US-Fernsehen übertragen. Zur Belohnung knipste Nik Wallenda erst einmal ein Selfie. Dann winkte er von seinem Platz ganz oben auf einem 120 Meter hohen Riesenrad freudestrahlend der jubelnden Menschenmenge am Boden zu.
Das Riesenrad in Florida: Peanuts, wenn man bedenkt, dass Wallenda schon über viel höheren Abgründen balancierte. Zum Beispiel im Grand Canyon National Park im US-Bundesstaat Colorado. Der Riesenrad-Stunt war aber dann doch schwieriger, als er auf den ersten Blick aussehen mochte: Der Himmel war wolkig und es wehte Wind, außerdem war das Rad nass. "Gottseidank sind meine speziellen Schuhe, die meine Mutter macht, dafür ausgelegt, mit der Feuchtigkeit umzugehen." Wallenda musste bei seinem Spaziergang auf dem sich drehenden Rad zahlreiche Verbindungsstangen umklettern - und dann gab es auch noch eine ganz unerwartete Schrecksekunde: Eine Notfallleiter, die der Akrobat benutzen wollte, um wieder in die Gondel zu klettern, war nicht richtig festgemacht worden. Als Wallenda draufsteigen wollte, begann sie, sich zusammenzuklappen und quetschte seine Hand ein. "Ich musste mich zwingen, ganz ruhig zu bleiben, denn sobald man aufgeregt ist, wird es gefährlich." Der Akrobat klappte die Leiter wieder aus und stieg zur Gondel.
Vor seinem Riesenrad-Stund erregte der Akrobat zuletzt im November 2014 mit einer Aktion in Chicago Aufmerksamkeit. Dort balancierte er nachts über den Lichtern der Stadt zwischen zwei Hochhäusern hin und her. Auch hier hatte er wie in Florida mit dem schlechten Wetter zu kämpfen. Teilweise legte er die Strecken mit verbundenen Augen zurück.
Solche Schuhe trägt Wallenda, wenn er sich über den Abgründen dieser Welt bewegt. Das Hochseil ist nur wenige Zentimeter breit.
In Colorado lief der Hochseilkünstler in 457 Metern Höhe auf einem Drahtseil über eine Schlucht in der Nähe des Grand Canyon - ohne Sicherung. Der US-Amerikaner überquerte als erster Mensch diese Stelle auf einem Hochseil. Er legte die 425 Meter lange Strecke im Jahr 2013 in schwindelnder Höhe in knapp 23 Minuten zurück.
Es handelt sich bei der überquerten Schlucht nicht um den Grand Canyon selbst. Die von Millionen Touristen besuchte Schlucht im Grand Canyon National Park ist viele Kilometer breit, zudem wäre dort der riskante Drahtseilakt nicht erlaubt gewesen. Stattdessen balancierte Wallenda damals über einen Seitenarm auf dem Gelände eines Navajo-Indianerreservats im US-Staat Arizona. Starke Winde hatten ihm zu schaffen gemacht, der tiefgläubige Familienvater sprach bei der Überquerung pausenlos Gebete. Mit seinem Vater war er über ein Mikrofon verbunden. Am Körper trug er Kameras, die spektakuläre Bilder von der tiefen Schlucht zeigten.
Der in Florida lebende Akrobat gehört zur siebten Generation der Artistenfamilie "Flying Wallendas". Sein Urgroßvater Karl Wallenda war gebürtiger Magdeburger. Das Leben der inzwischen in Sarasota in Florida ansässigen Akrobaten-Familie ist von spektakulären Stunts, aber auch spektakulären Stürzen geprägt: Nik Wallendas in Magdeburg geborener Urgroßvater Karl war 1978 bei einer Menschen-Pyramide tödlich verunglückt. Der vor kurzem gestorbener Onkel Mario war 1962 ebenfalls bei einer Vorführung verunglückt und seitdem gelähmt gewesen. "Ich mache das alles, um meine Familie ins Scheinwerferlicht zu bringen", sagte Wallenda. Und das schafft er nur zu gut, wie hier in Newark in New Jersey, wo er in einer Höhe von zwölf Stockwerken auf einem Fahrrad über den Dächern der Stadt balanciert.
"Wir führen ein Vermächtnis fort. Die Hochseilkunst fließt in unserem Blut. Ich weiß, dass es für manche Menschen schwer zu verstehen ist, aber das ist unser Leben", erklärt Wallenda die Hochseilleidenschaft seiner Familie. Schwer zu verstehen ist für viele wohl auch, wie man auf die Idee kommt, nur mit einem Balancier-Stab auf einem Drahtseil über die Niagarafälle zu laufen.