Hitzewelle in Europa:Tausende fliehen vor Waldbränden auf Rhodos

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Einheimischen und Touristen bleibt nichts anderes übrig, als die Insel zu verlassen. (Foto: STRINGER/REUTERS)

Der Süden Europas leidet unter extremer Hitze. In Griechenland brennen die Wälder und die Menschen flüchten vor Rauch und Feuer. In Italien gibt es dazu noch schwere Unwetter.

Die seit drei Tagen tobenden Waldbrände auf Rhodos sind außer Kontrolle. Der staatliche Rundfunk berichtete am Samstagabend in einer Sondersendung, dass 8000 Menschen den Süden der bei Touristen beliebten Insel auf dem Landweg verlassen hätten. Die Zahl könne noch höher liegen, hieß es. Offizielle Angaben gibt es noch nicht. Zuvor hatte ein Sprecher der Feuerwehr mitgeteilt, dass bislang 2000 Menschen mit Booten von den Küsten südlich von Lindos in Sicherheit gebracht worden seien.

"Die Rauchbildung ist so stark, dass man kaum atmen kann", sagte Konstantinos Traraslias, stellvertretender Bürgermeister von Rhodos, dem Athener Nachrichtensender Skai. Die Menschen würden in die Kleinstadt Gennadi gebracht, von wo aus sie in Hotels untergebracht werden sollten. Wie die Regierung in Athen am Abend mitteilte, wurden acht Menschen mit Atemwegsbeschwerden ins Krankenhaus gebracht. Der Brand nahm wegen der Änderung der Windrichtung eine Drehung Richtung Küste und überraschte die Feuerwehr, wie ein Sprecher mitteilte.

Von den Evakuierungen im Süden der griechischen Ferieninsel Rhodos wegen eines großen Waldbrandes sind nach Einschätzung des Deutschen Reiseverbands auch Deutsche betroffen. "Auf der Insel halten sich derzeit insgesamt rund 20 000 deutsche Urlauber von Reiseveranstaltern auf, betroffen von den Evakuierungen ist nur ein kleinerer Teil", teilte eine Sprecherin ader Deutschen Presse-Agentur mit. Nach ihren Angaben werden betroffene Gäste von dem griechischen Katastrophenschutz auch per Boot in Sicherheit gebracht. Sammelpunkte im Norden der Insel seien geplant.

Waldbrandgefahr auch in anderen Teilen Griechenlands hoch

Während sich auf Rhodos die Lage zuspitzt, ächzen auch andere Regionen in Griechenland unter den Temperaturen. 44 Grad waren es schon am frühen Samstagnachmittag in der mittelgriechischen Stadt Larisa, sogar 45 sollen es morgen werden.

Schlimm ist die Hitze auch für die Menschen in Athen: Die Millionenmetropole mit ihren Hochhäusern und Straßenschluchten speichert diese so effektiv, dass die Bewohner auch nachts kaum Abkühlung finden. Für Griechenland ist es bereits die dritte Hitzewelle in diesem Jahr.

Die Waldbrandgefahr sei nach wie vor extrem hoch, warnte der griechische Zivilschutz. Betroffen sind vor allem Athen und Umgebung, die Insel Euböa und der Nordosten der Halbinsel Peloponnes. "Uns stehen noch schwierigere Zeiten bevor", sagte ein Sprecher der Feuerwehr am Samstagmorgen im Staatsfernsehen.

Hunderte Feuerwehrleute aus Rumänien, Bulgarien, Polen, der Slowakei und Malta sind bereits zur Verstärkung angereist. Die Brände im Raum Athen und auf der Halbinsel Peloponnes seien inzwischen unter Kontrolle, hieß es. Immer wieder flammen die Feuer aber erneut auf, weil alles vertrocknet ist.

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Die Hitzewelle in Griechenland soll auch kommende Woche andauern, mit kleineren Schwankungen. Am Mittwoch wird ein neuer Höhepunkt mit Temperaturen um die 46 Grad im Süden des Landes erwartet. Einer der führenden griechischen Meteorologen, Konstantinos Lagouvardos, schätzte im Staatsfernsehen, dass diese Hitzewelle, "wenn es so weitergeht", die längste werden könnte, seitdem es Messungen in Griechenland gibt. Im Juli 1987 waren bei einer ähnlichen Hitzewelle nach Schätzungen 1300 Menschen ums Leben gekommen.

Italien erwartet Anfang kommender Woche fast 50 Grad Celsius

Auch in Italien ist das Wetter extem. In Palermo auf Sizilien zeigt das Thermometer nur unwesentlich niedrigere Temperaturen an als in Griechenland. 40 Grad registrierte dort die italienische Luftwaffe im Laufe des Tages. Wenn die Prognosen zutreffen, wird es Anfang kommender Woche noch extremer. Dann soll das Thermometer zwischen den italienischen Inseln Sardinien und Sizilien auf 47 oder sogar 48 Grad steigen. Auch in Rom werden bis zu 40 Grad erwartet.

Hinzu kommen schwere Unwetter, die am Samstag Nord- und Mittelitalien heimgesucht und zum Teil erhebliche Schäden angerichtet haben. Betroffen waren unter anderem die Gegend um Bologna und die Adriaküste. Der Wetterdienst der Region Emilia-Romagna, deren Hauptstadt Bologna ist, meldete heftige Gewitter auch aus den Provinzen Reggio Emilia, Ferrara und Ravenna. Fotos zeigten umgeknickte Strommasten, eingestürzte Häuser, auf dem Boden verstreute Dachziegel und verunglückte Autos. Auf einem Video waren Badegäste zu sehen, die in Lido di Classe bei Ravenna in Massen vom Strand flohen. Das genaue Ausmaß der Schäden war noch nicht klar.

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Sorgen macht sich etwa die italienische Zeitung La Repubblica um die Alten und Schwachen. Am Samstag hieß es dort: "Wir stehen nicht mehr einer unbekannten Pandemie gegenüber, die in Italien in kurzer Zeit tausende Opfer gefordert hat, sondern vor wiederkehrenden und immer extremeren Phänomenen, gegen die man etwas unternehmen kann." Die Alten und Schwachen seien, genau wie zu Zeiten des Gesundheitsnotstands, am stärksten betroffen. Um Hitzetote zu vermeiden, sei es nötig, Leben und Arbeit so zu organisieren, dass man sich schützen könne. "Arbeitnehmer, die gezwungen sind im Freien zu arbeiten, müssen bei zu hohen Außentemperaturen das Recht haben, die Arbeit einzustellen."

Ein Frau schützt sich mit einem Sonnenschirm vor dem Kolosseum in Rom. (Foto: Andrea Ronchini/IMAGO/NurPhoto)

Der Tourismus in Italien boomt derweil, die Branche rechnet mit einem Rekordsommer. Auch Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) urlaubt derzeit hier. Bei seiner Ankunft in Bologna stellte er allerdings Italiens Zukunft als Urlaubsland infrage: "Der Klimawandel zerstört den Süden Europas. Eine Ära geht zu Ende", schrieb er vor einigen Tagen auf Twitter.

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Tourismusministerin Daniela Santanchè zeigte sich irritiert: In Italien freue man sich weiterhin, Lauterbach wieder als Urlauber begrüßen zu können, hieß es. "Wir sind uns sicher, dass die Deutschen den Italienurlaub immer weiter schätzen werden", so Santanchè.

Spanien, 40 Grad plus

Erträglich war es zuletzt auch in Spanien, in Madrid etwa wurden am Freitag 32 Grad gemessen. Heiß soll der Sonntag werden, an dem auch die nationalen Parlamentswahlen stattfinden. Wie der staatliche meteorologische Dienst "Aemet" vorhersagte, werden in Teilen Südspaniens 40 Grad plus erwartet.

Menschen ruhen sich an einem heißen und sonnigen Sommertag in Madrid aus. (Foto: Manu Fernandez/dpa)

Vergangene Woche erlitt Spanien den Höhepunkt seiner derzeitigen Hitzewelle, was dem Land gleich mehrere Temperaturrekorde bescherte. In acht Gemeinden und Ortschaften auf Mallorca war es am Dienstag so heiß wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen. Der höchste Wert wurde von "Aemet" aus Sa Pobla rund 40 Kilometer nordöstlich der Insel-Hauptstadt Palma gemeldet: 43,9 Grad. Der landesweit höchste Wert wurde am Dienstag mit 45,4 Grad in Figueres im Nordosten des Landes registriert. "Spanien schmilzt", titelte daraufhin etwa die Digitalzeitung OK Diario.

Deutschland, 18 bis 30 Grad

Ganz anders sieht es derzeit vor allem im Norden Deutschlands aus. Für das Wochenende erwartet der Deutsche Wetterdienst (DWD) viele Wolken und den einen oder anderen Regen- und Gewitterschauer. Ins Schwitzen dürfte kaum jemand kommen, am Samstag liegen die Höchstwerte an der Nordsee und Umgebung unter 20 Grad - dort sind nachts Tiefstwerte bis acht Grad möglich. Dabei sind gerade Hundstage (vom 23. Juli bis zum 23. August) - und die gelten gemeinhin als die heißesten des Jahres.

In einer Berliner Wohnung läuft der Ventilator vor dem Fenster. Am Wochenende soll es nicht ganz so heiß werden. (Foto: Annette Riedl/dpa)

Im Südwesten Deutschlands dagegen dürfte sich längere Zeit die Sonne blicken lassen, es bleibt trocken. Mit Höchstwerten zwischen 22 und 27 Grad ist es angenehm sommerlich. Am Sonntag wird es im Süden und Südosten erneut sehr warm - mit bis zu 30 Grad in Südostbayern. Ansonsten sind zahlreiche Wolken zu sehen, es muss immer wieder mit Regen gerechnet werden. In der Nordwesthälfte sind die Temperaturen mit maximal 18 bis 24 Grad deutlich frischer als im Süden.

In den kommenden Tagen sinken die Temperaturen in Deutschland teils unter 20 Grad. Tiefer Luftdruck vom Atlantik, über Skandinavien bis nach Nordwestrussland sei dann wetterbestimmend, teilte der DWD mit. Mit im Gepäck sind auch Regen, Schauer, Blitze und Donner.

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