Online-Lexikon:Warum Wikipedia offline geht

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Diese Aktion könne "die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit deutlich beeinträchtigen", schreiben die Macher in einer vorab veröffentlichten Protestnote. . (Foto: Nelson Ching/Bloomberg)
  • Für 24 Stunden soll Wikipedia am Donnerstag abgeschaltet werden.
  • Es handelt sich dabei um eine Protestaktion.

Von Benjamin Emonts

Etwa 33 Millionen Mal wird die deutsche Version von Wikipedia pro Tag aufgerufen - nur an diesem Donnerstag werden sämtliche Anfragen wohl ins Leere laufen. Für 24 Stunden soll Wikipedia abgeschaltet werden. Die freien Autoren des Online-Lexikons wollen mit der groß angelegten Aktion gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform protestieren. Diese könne "die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit deutlich beeinträchtigen", schreiben sie in einer vorab veröffentlichten Protestnote, die am Donnerstag im Browser erscheinen soll, wenn man das Lexikon aufruft .

Eine große Öffentlichkeit ist der Protestaktion sicher. Wikipedia ist für die Deutschen eine der wichtigsten Informationsquellen im Internet und steht auf Platz 7 der beliebtesten Websites. Die deutsche Ausgabe umfasst derzeit nach eigenen Angaben fast 2,3 Millionen Artikel. Etwa 20 000 Menschen schreiben aktiv mit. Die Kritik der Autoren an der Urheberrechtsreform konzentriert sich auf zwei Punkte. In Artikel 13 ist festgelegt, dass Plattformen wie Youtube künftig für alle Inhalte haften sollen, die Nutzer auf ihren Seiten hochladen. Erst Mitte Februar hatten sich Europäisches Parlament und EU-Staaten nach langem Hin und Her in dieser Sache auf einen Kompromiss geeinigt. Die Plattformen hätten demnach deutlich mehr Pflichten, um den Urheberschutz sicherzustellen.

Viele Presseunternehmen sehen Upload-Filter kritisch

Dazu müssten sie wohl sogenannte Upload-Filter einsetzen, mit denen die Inhalte geprüft und bei Urheberrechtsverstößen abgewiesen werden. In Artikel 11 ist ein neues Leistungsschutzrecht festgelegt, das sicherstellen soll, dass Verlage mitverdienen, wenn ihre Texte von Suchmaschinen weiterverbreitet werden. Beide Punkte werden von den Wikipedia-Autoren scharf kritisiert. Sie befürchten Zensur. "Die geplante Reform könnte dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird", schreiben sie in ihrer Protestnote. Selbst kleinste Unternehmen "müssten fehleranfällige und technisch unausgereifte Upload-Filter für sämtliche ihrer Inhalte einsetzen und für minimale Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben".

Auch viele Presseunternehmen sehen die Upload-Filter unter anderem aus diesem Grund kritisch. Die Autoren rufen Wikipedia-Nutzer auf, an den großen europaweiten Demonstrationen gegen die Urheberrechtsreform am kommenden Samstag teilzunehmen, eine große Kundgebung soll etwa in Berlin stattfinden.

© SZ vom 20.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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