Hannover:Zwei Männer erstochen: Staatsanwältin spricht von „Mordlust“

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Ein Schriftzug und ein Schild hängen am Landgericht Hannover. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa/Archivbild)

Es kommt völlig unerwartet: In Hannover werden zwei Männer erstochen, einer verletzt. Ein 21-Jähriger wird festgenommen, er steht wegen Mordes vor Gericht. Sein mögliches Motiv ist kaum zu glauben.

Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Hannover (dpa/lni) - Die schlimmsten Befürchtungen vieler Menschen dürften in dieser Nacht wahr geworden sein - wie aus dem Nichts und völlig grundlos angegriffen zu werden. Und im schlimmsten Fall getötet. In Hannover starben im vergangenen November zwei Menschen auf diese Weise.

Vor einem Hotel in Hannover wollte ein 45-Jähriger eine Zigarette rauchen, als ein Angreifer mit einem Messer über ihn herfiel. Der Mann starb im Krankenhaus. Kurz zuvor soll der Angreifer einen ebenfalls 45-Jährigen in einer Spielhalle niedergestochen haben. Das Opfer verblutete. Festgenommen wurde ein 21-Jähriger, der nach den Worten der Staatsanwältin aus Mordlust und heimtückisch Menschen getötet haben soll - zur „nervlichen Stimulation“. Die Anklagebehörde geht allerdings von seiner Schuldunfähigkeit zur Tatzeit aus. Zum Auftakt des Sicherungsverfahrens am Freitag am Landgericht Hannover schwieg der junge Mann, der nervös wirkte. Es werde „heute keine Angaben“ geben, sagte sein Verteidiger.

Im Sicherungsverfahren geht es darum, den 21-Jährigen in einer psychiatrischen Klinik unterzubringen. Seit Mitte November ist er bereits im Maßregelvollzug. Der junge Mann leide an einer krankhaften seelischen Störung, sagte die Staatsanwältin - sie sprach von paranoider Schizophrenie. Dem 21-Jährigen werden zwei Morde und eine gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Laut Anklage kam es am frühen Morgen des 14. Novembers 2023 binnen etwa einer halben Stunde und nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt zu den Messerangriffen. In der Spielhalle in der Nordstadt soll der 21-Jährige mit einem 19 Zentimeter langen Küchenmesser mehrfach auf den 45-Jährigen eingestochen haben. Der Mann starb an Verbluten. Ein 49-Jähriger hörte die Schreie und wollte helfen - er wurde ebenfalls angegriffen, erlitt mehrere Schnittverletzungen und flüchtete. Zum zweiten Angriff kam es vor dem Hotel, wo der 21-Jährige sein Opfer zufällig getroffen haben soll. Er soll elfmal auf Gesicht, Kopf und Hals des 45-Jährigen eingestochen und die Halsvene durchtrennt haben.

Videoaufnahmen aus der Spielhalle hätten gezeigt, dass der mutmaßliche Täter in dunkler Kleidung und mit weißen Schuhen mehrmals in die Spielhalle gekommen sei, um die Lage zu peilen - dann sei er auf dem Video mit dem Messer zu sehen, sagte ein Polizeibeamter vor Gericht. Wenige Stunden später wurde der 21-Jährige festgenommen.

Ausschlaggebend dafür waren Verletzungen an seinen Händen und die Ähnlichkeit mit der Beschreibung, wie der 47-Jährige sagte. Die Beamten durchsuchten auch die Wohnung, in der der 21-Jährige mit seiner Mutter lebte - dort fanden sie Kleidung, die zu dem Video passte, ein Messer mit abgebrochener Klinge und Blutspuren sowie die weißen Turnschuhe auf dem Balkon. Auch auf den Schuhen waren Blutspuren, die von allen drei Opfern stammten. Im Schädelknochen eines der Opfer wurde zudem ein Metallstück gefunden, das zu dem Messer passte.

Schon damals gingen die Ermittler nach den Worten des Beamten von einer psychischen Erkrankung des 21-Jährigen aus. Das habe eine Untersuchung ergeben. Außerdem sei versucht worden, die medizinische Vorgeschichte des jungen Mannes zu rekonstruieren - demnach leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung wegen Drogenkonsums. Ungeklärt sei, ob er unter Drogeneinfluss gewalttätig werde, in der Schule sei nie die Rede von Aggressionen gewesen, sagte der 47-Jährige. Der 21-Jährige sei auf eine Therapieschule gegangen, dort seien Drogentests „regelmäßig“ positiv ausgefallen. Er habe „sozial eher zurückgezogen“ gelebt. Insgesamt vier Fortsetzungstermine sind in dem Verfahren geplant.

© dpa-infocom, dpa:240502-99-892995/4

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