Neuer Name für Gott:Ich bin, der ich bin

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Weißhaarig und mit Rauschebart: So malte Michelangelo vor mehr als 500 Jahren Gott an der Decke der Sixtinischen Kapelle. (Foto: John Parrot/Imago/StockTrek Images)

Weg mit dem Bild des alten, rauschebärtigen Mannes: Junge Katholiken wollen Gott in "Gott+" umbenennen.

Von Annette Zoch, München

Gottvater trägt grauweiß-gelocktes Haar, einen langen Bart, die Stirn ist zerfurcht. So hat sich Michelangelo im 16. Jahrhundert den Allmächtigen vorgestellt, so ist er verewigt an der Decke der Sixtinischen Kapelle in Rom, wo seit Jahrhunderten Kardinäle die Päpste wählen und dabei auf Beistand durch den Heiligen Geist hoffen. Auch viele andere Kunstwerke zeigen Gott als alten, weißen Mann mit Rauschebart.

Aber ist diese Darstellung denn noch zeitgemäß? Diese Frage treibt seit einiger Zeit auch katholische Jugendverbände um. Nun hat die Katholische junge Gemeinde (KjG) auf ihrer Bundesversammlung in Düsseldorf mit Mehrheit beschlossen, Gott in ihren Dokumenten und Veröffentlichungen künftig mit einem Pluszeichen zu versehen. "Gott+" soll es also heißen. Was klingt wie das Upgrade eines Handyvertrags soll der "Vielzahl von Gottesbildern" Rechnung tragen, so die KjG. "Die Vorstellung von Gott+ als altem, weißem Mann mit Bart greift theologisch zu kurz und erschwert vielen jungen Menschen den Zugang zu Gott+", so heißt es in dem Beschluss. Unklar ist noch, wie "Gott+" ausgesprochen werden soll - neben "Gott plus" sei auch eine kurze Sprechpause nach "Gott" denkbar. Ebenfalls in der Diskussion war die Schreibweise "Gott*" mit Gendersternchen am Ende - diese Formulierung wird von der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ) genutzt.

Nachdenken über geschlechtersensible Sprache löst schnell Kritik aus

Wenig löst in Deutschland ja so verlässlich einen Shitstorm aus wie das Nachdenken über geschlechtersensible Sprache. Auch die KjG durfte sich für ihre Überlegungen viel Kritik anhören. Dass sich junge Christinnen und Christen Gedanken über eine Vorstellung von Gott machen, finde er erst mal positiv, sagte dagegen der Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz, der Osnabrücker Weihbischof Johannes Wübbe, und kündigte an, das Gespräch mit der KjG zu suchen.

Die Bibel ist ein vor allem von Männern verfasstes Buch, in einer über Jahrhunderte hinweg von Männern geprägten Zeit. Die Diskussion darüber, wie mit dem männlich geprägten Gottesbild umgegangen werden soll, ist nicht neu. Die 2006 erschienene und viel gescholtene "Bibel in gerechter Sprache" übersetzte den nach jüdischer Tradition unaussprechlichen Eigennamen Gottes JHWH - anders als die Luther-Bibel - deshalb nicht durchgängig mit "Herr", sondern variierte die Bezeichnungen: "Der Ewige" oder "Die Ewige" ist dort zu lesen oder auch "ErSie". Die Übersetzerinnen und Übersetzer schossen dabei, wie viele Theologen kritisierten, auch übers Ziel hinaus. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hält die "Bibel in gerechter Sprache" für den gottesdienstlichen Gebrauch für ungeeignet. Einer der Grundgedanken hinter der Neuübersetzung aber war ähnlich dem der KjG: Gott ist nicht der alte weiße Mann mit Bart, Gott ist mehr. Wie lässt sich dem Rechnung tragen?

Das Auge der Vorsehung, auch Gottes Auge genannt, ist ein Bildnis, das geschlechter- und altersübergreifend ist. (Foto: Stephan Rumpf)

Vermutlich gar nicht, jedenfalls nicht mit Mitteln menschlicher Sprache: "Du sollst Dir kein Gottesbild machen", heißt es im 2. Buch Mose zu Beginn der Zehn Gebote. Gott lässt sich in keine Kategorie stecken. Er ist und bleibt ein Geheimnis, größer als die menschliche Vernunft. Natürlich machen sich Menschen trotzdem Bilder von Gott. Auch die Bibel selbst nennt viele verschiedene Gottesbilder, Gott ist Fels, Burg, Mutter und Vater. Aber alle menschlichen Vorstellungen machen Gott eben auch klein. Auch ein Plus, auch ein Sternchen. In der Bibel, in Exodus 3, Vers 14, nennt Gott sich selbst so: "Ich bin, der ich bin." Und das genügt.

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