Gedenkstein enthüllt:Chicago entzaubert Liebesmythos der Obamas

Der Gedenkstein sitzt wuchtig und wenig schön in einem Blumenbeet, dahinter Parkplatz, Mall und Fastfood-Laden. Er markiert die Stelle, wo der Barack Obama seiner Michelle den ersten Kuss gab. Und entzaubert das präsidiale Liebesmärchen.

"Es schmeckte nach Schokolade": In Chicago markiert jetzt ein Gedenkstein den Ort, an dem sich Barack und Michelle Obama das erste Mal geküsst haben sollen. (Foto: AFP)

Ein Parkplatz, die Tanzfläche eines heruntergekommenen Klubs, eine Straßenecke. Die wirklichen Schauplätze zum Gründungsmythos so mancher Beziehung - dem ersten Kuss - sind alles andere als glamourös. Auch in einem speziellen Fall entzaubert der Ort der Knutsch-Premiere die Liebeslegende: In Chicago wurde nun die Stelle markiert, an der sich US-Präsident Barack Obama und seine Michelle das erste Mal geküsst haben sollen.

Die präsidiale Erinnerung an das amouröse Erlebnis ist auf einer Gedenktafel festgehalten: "Bei unserem ersten Date habe ich sie zum besten Eis eingeladen, das es bei Baskin-Robbins gab, unser Esstisch war der Bordstein. Ich habe sie geküsst, und es hat nach Schokolade geschmeckt." Während so mancher hartgesottene Republikaner in der heißkalten Verabredung den engültigen Beleg für die moralische Verkommenheit des Präsidenten wittern könnte, stößt dem liberaleren Betrachter etwas anderes auf wie zu viel Zitroneneiscreme.

Die Unvereinbarkeit nämlich zwischen der romantisch-verklärten Erinnerung Obamas und der realen Szenerie. Das umzäunte Blumenbeet einer Mall, ein Parkplatz mit gelbmarkierten Stellflächen, dahinter ein Flachbau mit Geschäften, Wohnblocks. Und mittendrin hockt dieser wuchtige, grobe Gedenkstein mit der goldbedruckten Gedenktafel. Wo einst die Obamas Schokolade leckten, ist längst eine Sandwich-Kette eingezogen.

Sie hätten den Stein aufgestellt, weil immer wieder Menschen nach der Stelle gefragt hätten, sagte eine Sprecherin des Einkaufszentrums im Stadtviertel Hyde Park. Und so können die Teenager Chicagos ab sofort bei ihren samstäglichen Shoppingtouren einen historischen Knutsch-Stopp einlegen, wo sich einst die Obamas einander bedächtig annäherten.

Dann vielleicht lieber kein Denkmal.

© Süddeutsche.de/dpa/leja - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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