Freiburg:Mordprozess um Hussein K. dauert wohl länger

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Das Urteil gegen Hussein K. wird wohl später gesprochen werden als geplant. (Foto: dpa)
  • Der Mordprozess gegen den Flüchtling Hussein K. vor dem Landgericht Freiburg verzögert sich voraussichtlich.
  • Anfang November will das Gericht entscheiden, ob und wie der Zeitplan konkret geändert wird.
  • Der Angeklagte hat über Monate hinweg und in großen Mengen Cannabis konsumiert.

Der für den 8. Dezember vorgesehene Termin für ein Urteil werde vermutlich nicht zu halten sein, sagte die Vorsitzende Richterin Kathrin Schenk beim neunten Verhandlungstag des seit Anfang September laufenden Prozesses gegen Hussein K. vor dem Landgericht Freiburg. Grund seien weitere Beweisanträge, die zeitintensive Vernehmung von Zeugen sowie komplizierte Rechtshilfeersuchen an Griechenland. Mit einem Urteil sei daher später zu rechnen. Anfang November werde das Gericht entscheiden, ob und wie der Zeitplan konkret geändert wird.

Hussein K. hat zugegeben, im Oktober vergangenen Jahres in Freiburg eine 19 Jahre alte Studentin vergewaltigt und getötet zu haben. Wegen einer Gewalttat an einer jungen Frau im Jahr 2013 war er in Griechenland zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, im Oktober 2015 aber vorzeitig gegen Auflagen aus der Haft entlassen worden. Danach war er untergetaucht und im November 2015 nach Deutschland gekommen.

Auch die Tat in Griechenland soll in dem Freiburger Prozess thematisiert werden, sagte die Richterin. Hierzu sei geplant, Polizisten aus Griechenland als Zeugen zu laden sowie möglicherweise das damalige Opfer. Die Rechtshilfeersuchen würden jedoch voraussichtlich mehrere Wochen in Anspruch nehmen.

Freiburger Mordprozess
:Zeuge schildert Alkoholkonsum von Hussein K.

Demnach soll der Angeklagte vor der Tat getrunken haben. Mehrere Zeugen hatten dieser Darstellung bislang widersprochen.

Am Donnerstag sagte in dem Prozess der erste von insgesamt zehn Sachverständigen aus. Der Angeklagte habe über Monate hinweg und in größeren Mengen Cannabis konsumiert, sagte der Rechtsmediziner. Das belegten Haarproben. Auch Kokain sei in geringen Menschen festgestellt worden. Belastbare Beweise für übermäßigen, regelmäßigen Alkoholkonsum gebe es dagegen nicht. Vereinzelte Alkoholexzesse könne er aber nicht ausschließen.

Hussein K. hatte angegeben, zur Tatzeit betrunken und bekifft gewesen zu sein. Die mögliche Berauschung ist für die Frage von Bedeutung, ob Hussein K. vermindert schuldfähig ist, was sich in der Regel strafmildernd auswirkt.

Es geht in dem Prozess zudem um die Frage, wie alt der vor der Jugendkammer stehende Mann tatsächlich ist. Dies wird auch Auswirkungen auf die Höhe der Strafe haben. Er selbst hatte angegeben, aus Afghanistan zu kommen und 17 Jahre alt zu sein. Zum Prozessauftakt gab er aber zu, beim Alter gelogen zu haben und älter zu sein. Ein konkretes Alter nannte er nicht. Die Staatsanwaltschaft hält Hussein K. für mindestens 22 Jahre alt, sagte Oberstaatsanwalt Eckart Berger. Zwei Gutachten sollen diese These im Laufe des Prozesses untermauern. Sie sollen dem bisherigen Plan zufolge im November erörtert werden.

Verteidiger will unrechtmäßige Betreuung thematisieren

Hussein K. hatte als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Freiburg bei einer Pflegefamilie gelebt. Eine behördliche Genehmigung, ihn in dem Wohnhaus aufzunehmen und zu betreuen, hatten die Pflegefamilie sowie die vom Jugendamt beauftragte private Jugendhilfeeinrichtung nicht, sagte ein Sprecher des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald. Die nötige Genehmigung sei erst nach der Festnahme des jungen Mannes gestellt worden. Das vom Jugendamt zu viel gezahlte Geld für die Betreuung habe die Organisation inzwischen zurückgezahlt, der Fall sei daher erledigt.

Juristisch spiele dieser Aspekt keine Rolle, erklärte Oberstaatsanwalt Berger. Hussein K. sei nachweisbar kein Jugendlicher mehr, ihm seien daher Betreuung sowie Sozialleistungen in dieser Form gar nicht zugestanden. Es handele sich um Betrug. Entsprechende Ermittlungsverfahren gegen das Jugendamt sowie Hussein K. seien aber eingestellt worden und würden nicht neu aufgenommen.

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:Wer bist du?

In Freiburg wird die Studentin Maria L. vergewaltigt und in einem Fluss ertränkt. Über ihren Mörder Hussein K. sagt seine Pflegemutter vor Gericht: Er war aufgeschlossen, bestens integriert, hatte alle Chancen. Eine Geschichte über die Grenzen der Willkommenskultur.

Von Josef Kelnberger

Der Pflichtverteidiger des Angeklagten, Sebastian Glathe, forderte dagegen, die unrechtmäßige Betreuung von Hussein K. erneut vor Gericht zu thematisieren.

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