Franz-Peter Tebartz-van Elst:Ein Bischof kann einpacken

Lesezeit: 2 min

Unter Druck: Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst (Foto: dpa)

Der Limburger Bischof hat ein Problem: Franz-Peter Tebartz-van Elst ist nicht mehr über jeden Zweifel erhaben. Seine persönliche Autorität ist zerstört. Auch wenn es bislang keine konkreten Beweise für Verstöße gibt, hat sich Tebartz-van Elst in seinem Amt unmöglich gemacht.

Ein Kommentar von Detlef Esslinger

Es ist recht wahrscheinlich, dass der Limburger Bischof von Anfang an gewusst hat, wie teuer seine Bauten werden würden. Es ist recht wahrscheinlich, dass er die Gremien in seinem Bistum mit Absicht darüber im Unwissen gehalten hat. Es ist recht wahrscheinlich, dass er in einer Auseinandersetzung mit dem Spiegel eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben hat. Recht wahrscheinlich, das heißt erstens: Als bewiesen gilt noch nichts. Und zweitens: In seinem Amt hat er sich trotzdem unmöglich gemacht.

Was ist das Kapital eines Bischofs? Wer in ein solches Amt kommt, muss normalerweise wenig fürchten. Zwar ist man längst nicht mehr automatisch die Respektsperson, welche die Vorgänger jahrhundertelang waren. Auch sind da mittlerweile Priester, Pfarrgemeinderäte und Medien, die einen Bischof genauso hart kritisieren, wie es im sonstigen Leben Minister oder Fußballtrainer ertragen müssen. Aber letztlich bleibt man als Bischof geschützt durch Tradition sowie die Macht und die Aura einer Institution, die nicht auf die Mehrheit, sondern die Wahrheit gebaut ist (respektive dem, was die Institution zur Wahrheit erhebt). Man muss nicht einmal Führungsqualitäten haben; so viel Auswahl hat die katholische Kirche nicht, und es ist gut möglich, dass Franz-Peter Tebartz-van Elst die schon seit Jahren dauernde Debatte um sein autoritäres Gehabe irgendwie überstanden hätte.

Was ein Bischof jedoch unbedingt haben muss: persönliche Integrität. Was es niemals geben darf: ernsthafte Zweifel daran. Der Limburger Bischof ist aber, um das Mindeste zu sagen, nicht mehr über jeden Zweifel erhaben. Er kommt nicht mehr mit einer Beichte davon, er muss mit so etwas Irdischem wie einem Strafbefehl rechnen. Damit ist seine Situation schlimmer als die einer ehemaligen Forschungsministerin, der ein Plagiat vorgeworfen wird, oder eines früheren Bundespräsidenten, der vor Gericht kommt. Beide gaben ihre Ämter nicht deshalb auf, weil irgend etwas bewiesen war. Sondern weil sie nicht mehr über jeden Zweifel erhaben waren.

Ein Bischof, der nicht die eigene Wange hinhält, sondern auf die Wangen der Denkmalschützer, der Mitarbeiter et cetera verweist; ein Bischof, der dabei das Pech hat, dass seine Residenz genau zu der Zeit fertig wird, da der Papst mit zwei Zimmern zufrieden ist; ein Bischof, der nur noch über neun der zehn Gebote predigen kann, kaum aber mehr über das achte ("Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten") - ein solcher Bischof kann einpacken. Seine Autorität im Kirchenvolk ist zerstört, sobald jede Predigt zur Checkliste degeneriert, zu einem Instrument, mit dem seine Zuhörer messen, ob der Bischof selbst lebt, was er zur Tugend erklärt.

Die Ironie der Geschichte ist, dass Prunksucht zur Kirche gehört wie Wunder zu Jesus. Die herrlichsten Städte wären nichts ohne Erzbischöfe, die anderes wollten als die Versorgung der Armen mit Obdach. Wer im Barock ein Egomane war, ist nun ein großer Baumeister. Langfristig hat Tebartz-van Elst also noch Perspektiven.

© SZ vom 12.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: