Fall Amanda Knox:Solidarität mit dem "Engel mit Eisaugen"

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Nach dem Mordurteil gegen Amanda Knox wettern amerikanische Medien und die Familie der Schuldigen gegen die Justiz - und Italien als Ganzes.

Für ihren Vater ist es ein "Fehlurteil des italienischen Justizsystems", und noch viel mehr: Die Familie von Amanda Knox sieht in dem Urteil gegen die 22-Jährige ein "Versagen der Stadt Perugia (...) und Italiens als Ganzes". Das sagte Curt Knox dem US-Fernsehsender ABC nach dem Urteil. Er frage sich, wie die Richter und die Geschworenen nach dem, was im Gerichtssaal an Indizien vorgelegt wurde, zu einem solchen Schuldspruch kommen konnten.

Die Familie von Amanda Knox nach einem Besuch im Gefängnis am 5. Dezember: Vater Curt Knox (v.r.n.l.), Mutter Edda Mellas, Schwester Deanna Knox. (Foto: Foto: Getty)

In einer im Nachrichtensender CNN verlesenen Erklärung beklagte die Familie von Knox, dass "Angriffe der Medien und der Staatsanwaltschaft auf Amandas Charakter" die Einschätzung der Geschworenen beeinträchtigt hätten. "Amanda ist unschuldig und wir werden weiter für ihre Freiheit kämpfen", hieß es. Knox' Tante Janet Huff deutete auf CNN an, die US-Regierung habe Hilfe angeboten.

Amanda Knox wurde im italienischen Perugia wegen Mordes an einer Kommilitonin zu 26 Jahren Haft verurteilt. Die amerikanische Studentin war schuldig gesprochen worden, die 22-jährige Britin Meredith Kercher im Drogenrausch ermordet zu haben. Knox' 25-jähriger italienischer Ex- Freund Raffaele Sollecito wurde zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Alle drei hatten in Perugia studiert.

"Vorverurteilung" in Medien

Nicht nur Knox' Familie erhebt schwere Vorwürfe gegen die Justiz: Amerikanische TV-Sender berichteten in großer Aufmachung über das Urteil. Immer wieder wurden offen oder zwischen den Zeilen Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts und der italienischen Justiz geäußert. Kritisiert wurde etwa eine "Vorverurteilung" durch italienische Medien. Diese hätten sich langatmig über das freie Sexualleben der Verurteilten ausgelassen und damit ihrem Ansehen bei Richtern und Geschworenen schwer geschadet.

Der Prozess hatte wegen der verbreiteten sexuellen Details und Internet-Fotos der Angeklagten für ein riesiges Medieninteresse gesorgt. Die junge Frau aus Seattle hatte sich in sozialen Online-Netzwerken als wilde Partygängerin dargestellt. Britische Boulevard-Blätter nannten sie daraufhin "Foxy Knoxy". Italienische Zeitungen gaben ihr den Namen "Engel mit den Eisaugen".

Eine Kommentatorin beim TV-Sender CNN meinte, wer in Italien über Geld und Einfluss verfügt, habe gute Chancen, von Richtern milde behandelt zu werden. Andere Medien meinten, die Indizien seien nicht eindeutig gewesen und ließen erheblichen Zweifel an der Schuld der US-Studentin zu.

Das Urteil in dem Prozess um den Sexualmord an Meredith Kercher erging kurz nach Mitternacht. Nach rund zwölf Stunden Beratung kamen die sechs Geschworenen und zwei Richter zu dem Schluss, dass Knox und Sollecito im November 2007 die 21-jährige Austauschstudentin getötet hatten.

Die junge Britin war halbnackt und mit durchschnittener Kehle in der Wohnung gefunden worden, die sie gemeinsam mit Knox und zwei Italienerinnen in der Universitätsstadt Perugia bewohnte. Laut Anklage wurde sie getötet, weil sie sich weigerte, bei Sexspielen mitzumachen. Knox und Sollecito sollen unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen Kercher erstochen haben, während sie von einer Abendbekanntschaft der beiden, Rudy Guede, festgehalten wurde.

Anwälte kündigen Berufung an

Guede aus der afrikanischen Elfenbeinküste wurde wegen Mittäterschaft bereits zu 30 Jahren Haft verurteilt. Wie Knox und Sollecito legte auch er Berufung ein.

Amanda Knox brach bei der Urteilsverkündung in Tränen aus. Die Anwälte der beiden Verurteilten kündigten bereits Berufung an. Es war einer der spektakuläre Indizienprozesse in Italien seit Jahren.

Neben Familienmitgliedern von Knox waren auch Angehörige des Opfers zu der Urteilsverkündung gereist. Ihnen sprach das Gericht Schadenersatz zu. Sollecito und Knox müssen an beide Eltern von Kercher jeweils eine Millionen Euro zahlen und dazu 800.000 Euro an jedes der drei Geschwister. Der Bruder des Opfers zeigte sich "sehr zufrieden" mit dem Urteil. Dies sei aber "kein Moment des Triumphs für die Familie".

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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